Ölbohrung im Nationalpark

Ecuador: Die staatliche Ölgesellschaft Petroamazonas beginnt mit der Förderung des fossilen Rohstoffs mitten im Nationalpark Yasuní. Volksentscheid über die Ausweitung von Schutzzonen

Fühlt sich noch ziemlich wohl: Krokodil im Yasuni-Nationalpark Foto: Pablo Cozzaglio/afp

Von Jürgen Vogt

Im Yasuní-Nationalpark wird jetzt nach Öl gebohrt. Im Januar wurde mit der Bohrung der ersten Förderquelle begonnen, teilte Ecuadors staatliche Ölgesellschaft Petroamazonas mit. Mit der neu errichteten Plattform Tambococha-2 will Petroamazonas die in 1.800 Meter Tiefe vermutete Lagerstätte mit einer Menge von 287 Millionen Fass Öl anzapfen. Im Februar soll mit der Förderung der ersten Barrel des fossilen Rohstoffs, dessen Preis zuletzt an den internationalen Börsen gefallen war, begonnen werden.

Der Yasuní ist eines der artenreichsten Gebiete der Erde. Knapp über 1 Million Hektar davon sind seit dem Jahr 1979 Nationalpark und wurden 1989 von der Unesco zum Biosphärenreservat erklärt. Von denen sind 700.000 Hektar als unberührbare Zone ausgewiesen. Unzählige Pflanzen- und Baum­arten sowie vor allem Amphibien, Frösche, Kröten und Schlangen machen den biologischen Reichtum aus.

Auch indigene Gemeinschaften leben hier, die kaum Kontakt zur Außenwelt haben. Nach den neuesten Schätzungen werden die Ölvorkommen im ecuadorianischen Teil des Yasuní auf eine Menge von 1,67 Milliarden Fass Öl veranschlagt. Die Region ist in Blöcke unterteilt, für die nationale und internationale Ölfirmen die Förderkonzessionen besitzen. Tambococha-2 liegt im Block ITT. Die Abkürzung steht für die Ölfelder Ishpingo, Tambococha und Tiputini.

2007 hatte der damalige Präsident Rafael Correa die sogenannte Initiative ITT ausgerufen. Sie sah vor, die damals vermuteten Ölreserven in einem Umfang von 846 Millionen Fass unangetastet im Boden zu lassen. Damit sollten die Gefahren für die Umwelt durch die Förderung ausgeschlossen und gleichzeitig künftige Kohlendioxid-Emissionen vermieden werden. Als Entschädigung war im Gegenzug vorgesehen, dass die internationale Gemeinschaft 3,6 Milliarden US-Dollar in einen Kompensationsfonds der Vereinten Nationen einzahlt.

Im August 2013 erklärte Correa die ITT-Initiative für beendet. Nur ein Bruchteil des erhofften Geldes sei zusammengekommen. Wenig später stimmte das Parlament des südamerikanischen Landes einer Ausbeutung auf einer Fläche von 1.030 Hektar zu und machte damit den Weg für die Bohrungen im Park frei.

2016 begann Petroamazonas mit der Förderung im Ölfeld Tiputini und förderte im vergangenen Jahr täglich rund 43.000 Fass Erdöl. Zwar liegt die Plattform Tiputini ebenfalls im Block ITT, aber 1.500 Meter außerhalb des eigentlichen Natio­nalparks. Tambococha-2 liegt dagegen im Yasuní-Nationalpark. In den kommenden Monaten will Petroamazonas vier weitere Plattformen aufbauen, die ebenfalls auf dem Gebiet des Nationalparks liegen.

Zwar versichert der Staatskonzern, für die Förderanlagen so wenig wie möglich Terrain zu roden, umweltgerechte Zufahrtswege zu bauen sowie Brücken für eine ungehinderte Wanderung der Fauna einzurichten.

Die Idee, auf Öl gegen internationale Hilfe zu verzichten, war gescheitert

Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen jedoch, dass allein der Bau der Zufahrtsstraßen und das stetige Pendeln der dort arbeitenden Personen sowie der Bau der Zwölf-Kilometer-Leitung zum Abtransport des Öls das Ökosystem Yasuní erheblich belasten werden. Illegales Abholzen und Jagen sowie das Siedeln entlang der Straßen werden wohl die Folge sein.

Correas Amtsnachfolger Le­nín Moreno hatte versprochen, den Yasuní zu schützen und den dort lebenden indigenen Gemeinschaften mehr Mitsprache einzuräumen. Anfang Februar soll nun die Bevölkerung bei einem Referendum auch über das weitere Vorgehen im Yasuní abstimmen. Einer der sieben Abstimmungspunkte lautet, ob die unberührbare Zone im Nationalpark um „mindestens 50.000 Hektar“ erweitert werden soll und ob die Fläche, auf der eine Ölförderung im Nationalpark Yasuní gegenwärtig erlaubt ist, auf 300 Hektar reduziert werden soll.

„Morenos Fragestellung ist nicht eindeutig“, kritisiert Eduardo Pichilingue von der Umweltschutzgruppe YASunidos, die sich vor fünf Jahren für ein Referendum einsetzte. Damals lautete die Frage, ob die gesamten Ölvorkommen im Yasuní unter der Erde bleiben sollten.

Allerdings wurde ein Referendum nach einem fadenscheinigen offiziellen Prüfungsverfahren abgelehnt. „Wir wissen nicht, wie viele Hektar letztlich gemeint sind und wo die genau sein sollen“, so Pichilingue. Zudem werde bei einer Reduzierung der Förderfläche verschleiert, dass schon jetzt weit mehr als 300 Hektar Parkfläche von den Aktivitäten der Ölfirmen betroffen seien. Der Ausgang des Referendums werde an den Fördervorhaben von Petroamazonas im Nationalpark nichts ändern, lautet seine düstere Prognose.