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berliner szenenSie trinken Tee vorm Späti

Frisches Baguette, Croissants und Schokolade mit Pistazien bringt meine Freundin aus der Bäckerei mit, während ich Kaffee mahle. Es gibt Butter und Sirup, das Frühstück ist sehr einfach und sehr lecker. Wir haben uns am Abend für eine Schal-Übergabe getroffen, und am Ende habe ich ihr Übernachtungsangebot angenommen.

Seit dem Sommer wohnt sie am Mariannenplatz. Aus dem Fenster kann man die Waldemarstraße beobachten und sogar eine Spitze des Bethanienturms sehen. Das passt farblich zu der nackten Kletterpflanze, die das Fenster einrahmt. Es sieht wie in einem Jahreszeitenkalender aus, in dem ein Satz über das Glück unter jedem Bild steht.

Glücklich bin ich, sobald ich ihr Haus verlasse und mich auf dem Weg zur U1 mache: Früher habe ich in der Gegend gewohnt und diesen Weg tagtäglich gemacht. Ich entdecke, dass ich mich heute wie damals in 36 zu Hause fühle. Und anders, als wenn ich schnell mit dem Rad die Adalbertstraße entlangfahre, gestresst wegen der AutofahrerInnen und der vielen Lkws, ist der Arbeitsweg gerade entspannt wie ein Spaziergang.

Vor sieben Jahren, als ich hier wohnte, gab es noch nicht so viele Burger-Läden und auch keine Kaffeeröstereien mit Sprüchen auf Englisch wie: „Save the planet. It’s the only one with cafe.“ Aber vieles ist wie früher: Um diese Uhrzeit eilen Eltern mit Kindern zur Schule, Frauen mit langen, gepflegten Fingernägeln trinken Tee vorm Späti, ein paar wacklige Gestalten unterhalten sich noch vor der Roten Rose und schubsen sich mit der Bierflasche, um etwas zu unterstreichen, Junkies mit Hunden sammeln sich am Kotti, der Obststand macht auf.

Ich sage Guten Tag, immer wenn ich ein Gesicht zu erkennen glaube, und da ich ein bisschen Zeit habe, entscheide ich, Tee und Simit als zweites Frühstück zu nehmen. Luciana Ferrando

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