: Justiz für Quereinsteiger
Recht geben ist seliger als Recht haben: Bremen sucht 1.196 Bewerber für die neu zu besetzenden SchöffInnenstellen. Aus dieser Liste werden schließlich rund 600 ehrenamtliche RichterInnen gewählt
Von Florian Maier und Benno Schirrmeister
Bremen sucht neue SchöffInnen: BewerberInnen, die sich vorstellen können, fünf Jahre lang ehrenamtlich als LaienrichterInnen Dienst zu tun, sind aufgerufen, sich beim Justizressort zu melden. Hintergrund ist, dass die aktuelle Amtsperiode in ganz Deutschland zum Ende des Jahres ausläuft.
SchöffInnen sollen mit natürlichem Empfinden und ohne juristisches Vorwissen zur Urteilsfindung in Gerichtsprozessen beitragen. Für die drei Amtsgerichte und ein Landgericht in Bremen und Bremerhaven sind insgesamt rund 600 Schöffen-Stellen zu besetzen. Fürs Amt bewerben können sich ausschließlich deutsche StaatsbürgerInnen, die ihren ersten Wohnsitz im Gerichtsbezirk haben, älter als 25 und jünger als 70 Jahre sind und die deutsche Sprache ausreichend beherrschen. Die Bewerbungsfrist endet Mitte März.
In Deutschland engagieren sich über 60.000 Menschen als ehrenamtliche RichterInnen. Die Wahl für das Amt läuft in zwei Schritten ab. Zunächst stellt die Kommune eine Vorschlagsliste auf. Aus dieser werden dann die zukünftigen SchöffInnen von einem Wahlausschuss ausgewählt. Sollte die Liste nicht voll werden, wird per Zufallsgenerator ausgelost. Leider melden sich freiwillig nie genug Interessierte. Deshalb müssen oft Personen auf die Liste gesetzt werden, die sich überhaupt nicht für das Amt beworben haben. „Das liegt daran, dass wenige Leute über dieses Ehrenamt Bescheid wissen“, sagt Hildegard Minthe vom Landesverband Niedersachsen/Bremen der Deutschen Vereinigung der Schöffinnen und Schöffen (DVS). Sie war früher selbst Schöffin an einer Jugendstrafkammer und gibt immer noch Kurse für SchöffInnen in Niedersachsen und Bremen.
Oft genug gerät das SchöffInnenamt in die Kritik. Man liest von zu geringer Teilnahme oder Befangenheit der LaienrichterInnen. Laut Minthe handelt es sich hierbei allerdings um Einzelfälle. Von staatlicher Seite wird zudem wenig Weiterbildung und Qualifikation für frisch berufene ehrenamtliche RichterInnen betrieben. SchöffInnen klagen oft, dass es abgesehen von einer Einführungsveranstaltung wenig weitere Hilfe gebe. Dies müssen Verbände wie der DVS stemmen, auch wenn dieser selbst nur aus Ehrenamtlichen besteht. „Für das Amt braucht man politische Wachsamkeit und Selbstkritik“, sagt Hildegard Minthe und versucht, den ehrenamtlichen RichterInnen genau das in ihren Kursen zu vermitteln.
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