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das ding, das kommtSchnipsel-Sterben

Der landläufigen Präsentationsform dieser kleinen Positivfilmschnipsel wird kaum jemand eine Träne nachweinen. „Wissenschaft belegt die nervtötende Wirkung privater Dia-Abende“, fasste eine Agenturmeldung 1995 eine Studie über diese Abende mit gemeinsam mit Freund*innen und Familie wieder erlebten Reiseerinnerungen zusammen. Gefühlte 2.000 Bildchen von sich ungelenk umarmenden Ehepartner*innen vor Kathedralen, Sonnenuntergängen oder Wohnmobilstandorten musste man da über sich ergehen lassen. Der Dia-Abend: ein Synonym für den „in Langeweilestarre verbrachten Abend“, fürs „Altväterliche“, „Unzeitige“ und „Unpassende“?

1995 hatte der sterbenslangweilige Dia-Abend seine Hochphase, klar, längst hinter sich. Heute werden Filmmaterial und Projektoren gar nicht mehr hergestellt, Ersatzteile zunehmend knapp. Und die Dias selbst raffen Staub und Fingerabdrücke dahin, Kratzer, Licht, Feuchtigkeit, Pilze und Bakterien.

Das mag im Privaten stillschweigend begrüßt werden, in der Kunstwelt wird es zum Problem: Nicht alle stehen dem Dia ja so ablehnend gegenüber wie einst Wim Wenders: „Mit Dias und Projektionen wollte ich nichts machen. Das Trauma meiner Kindheit sind Dia-Abende.“ Wie also bedeutende Kunstwerke bewahren, etwa Nan Goldins 45-minütige, 720 Bilder umfassende Show „The Ballad of Sexual Dependency“? Damit setzt sich nun eine Fachtagung zum Thema Dia-Konservierung der Hamburger Kunsthalle auseinander, nebst ausgewählter Veranstaltungen auch für Nicht-Fachleute. (matt)

Sa, 20. 1., 14–17 Uhr: „Auf lange Sicht! Diakonservierung an der Hamburger Kunsthalle“; So, 21. 1., 11 Uhr: „Kann man Dia-Kunst überhaupt erhalten?“; Mi, 24. 1., 12 Uhr: „Tris Vonna-Michell’s ‚Finding Chopin‘ Performance, Objekte, Dias.“, alles Kunsthalle Hamburg

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