: Ausreisen oder ab ins Gefängnis
Rund 40.000 afrikanische Migranten in Israel sollen das Land verlassen. Sonst droht ihnen Haft
Aus Jerusalem Susanne Knaul
Rund 40.000 afrikanischen Migranten in Israel droht die Abschiebung oder Gefängnis. Das Kabinett in Jerusalem hat am Mittwoch entschieden, die offiziell als Eindringlinge bezeichneten Menschen vor die Wahl zu stellen. Sie können „mit uns kooperieren und freiwillig gehen“, so kündigte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an. „Oder wir müssen andere Werkzeuge anwenden, die uns den Gesetzen nach zur Verfügung stehen“. Gemeint ist damit unbegrenzte Gefängnishaft. Ab 1. Februar sollen die Migranten darüber informiert werden, dass sie innerhalb von 60 Tagen ausreisen können, andernfalls droht ihnen die Haft.
Als Aufnahmeländer sind die beiden Staaten Ruanda und Uganda im Gespräch. Menschenrechtsorganisationen werfen Israel vor, die Flüchtlinge einem ungewissen Schicksal zu überlassen. „Israel hindert die Afrikaner vorsätzlich daran, einen Asylantrag zu stellen, und verweist sie anschließend des Landes unter dem Vorwand, sie hätten ihr Anliegen nicht eingereicht“, kommentierte Dror Sadot, Sprecherin der „Hotline für Migranten“ in Tel Aviv, die jüngste Kabinettsentscheidung.
Seit 2005 kommen afrikanische Flüchtlinge nach Israel, zuerst tröpfchenweise, später bis zu tausend in einem Monat, die meisten aus Eritrea und dem Sudan. Die Behörden stellten die Flüchtlinge in den ersten Jahren unter eine Art Gruppenschutz. Das heißt: Sie wurden nicht anerkannt, mussten aber auch nicht fürchten, ausgewiesen zu werden. Das führte dazu, dass niemand einen Asylantrag stellte.
Mit Grenzanlagen zur ägyptischen Halbinsel Sinai sollte der Migrantenstrom gestoppt werden und später mit der Bestrafung der „Infiltranten“, so die offizielle Bezeichnung für die illegalen Einwanderer seit 2012. Erst jetzt stellten die ersten Flüchtlinge Asylanträge, allerdings ohne großen Erfolg. Nur knapp ein Dutzend der Anträge sind bewilligt worden.
Laut Urteil des Obersten Gerichts in Jerusalem darf Israel Flüchtlinge abschieben, vorausgesetzt, es gibt ein Land, das bereit ist, sie aufzunehmen. Im November erklärte Ruandas Außenministerin Louise Mishikiwabo, ihr Land sei bereit, „10.000 Asylsuchende“ aufzunehmen. Bedingung sei jedoch, dass sie „aus freien Stücken“ kommen. Die jüngste Kabinettsentscheidung könnte darauf hindeuten, dass Ruanda inzwischen zu einer Einigung mit Israel gekommen ist, vermutet die Menschenrechtsaktivistin Dror Sadot.
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