: Die Besten unter den Schlechten
Erste Erfolge beim Artenschutz in Schleswig-Holstein: Bestände seltener Wiesenvögel nehmen wieder zu
Uferschnepfe, Kiebitz, Kampfläufer – die Grafiken der Bestandsentwicklung von Wiesenvögeln in den vergangenen Jahrzehnten zeigen ein düsteres Bild. Jetzt ist es in Schleswig-Holstein laut Umwelt- und Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) anders als in Nachbarländern gelungen, die Bestände zumindest zu stabilisieren, wenn auch auf zu niedrigem Niveau. „Wir sind die Besten der Schlechten“, sagte Habeck am Montag bei der Vorstellung seines Jahresberichts zur biologischen Vielfalt. „Wir haben sozusagen das Bluten gestoppt.“ Das sei aber schon ein Erfolg.
Die Bestände waren dramatisch gesunken, weil immer mehr Grünland verloren ging und das verbliebene zunehmend intensiv bewirtschaftet wird. Jetzt zeige sich, dass sich Schutzanstrengungen lohnten, sagte Habeck. Sein Jahresbericht hat diesmal die Wiesenvögel besonders in den Fokus genommen.
Nach seinen Angaben gibt es bei der Uferschnepfe seit 2011 stabil 1.000 Brutpaare. 1995 waren es noch etwa doppelt so viele. Beim Kiebitz wurden seit 2012 jeweils etwa 12.000 Brutpaare gezählt. Ähnlich ist die Entwicklung beim Großen Brachvogel. Beim Kampfläufer wurden 2013 landesweit nur sechs brütende Weibchen festgestellt, mittlerweile sind es 50.
Zur Stabilisierung der Bestände hätten Vertragsnaturschutz, Gelegeschutz auf konventionellen Grünlandflächen, Optimierung von Lebensräumen, vor allem der Wasserstände, und die Nutzung auf landeseigenen Flächen an der Westküste geführt, listete Habeck auf.
Auch ein 2011 in Kraft gesetzter Erlass zum Schutz der Wiesenvögel habe einen wesentlichen Beitrag geleistet. Er läuft zum Jahresende aus, soll zunächst vorübergehend verlängert und 2018 neu gefasst werden. Im nächsten Jahr soll auch ein Konzept fertig sein, um Wiesenvögel in ihren Hauptverbreitungsgebieten besser vor Füchsen und Mardern zu schützen.
Schleswig-Holstein habe eine hohe Verantwortung für den Erhalt der Wiesenvögel, betonte Habeck. Arten wie Uferschnepfe, Kiebitz, Großer Brachvogel und Rotschenkel seien europaweit gefährdet. Allein von der Uferschnepfe brütet etwa ein Viertel der deutschen Bestände in Schleswig-Holstein.
Habeck forderte wiederholt, zur Erhaltung der Artenvielfalt den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln drastisch zu senken. Europaweit habe die Biomasse von Insekten seit den Neunzigerjahren um bis zu 75 Prozent abgenommen. „Das ist eine erschreckende Zahl.“ Hier werde deutlich, dass das Ökosystem aus dem Gleichgewicht gerate und ganze Nahrungsnetze zerstört werden könnten, inklusive der Grundlagen der Lebensmittelproduktion für den Menschen. Gerade in Naturschutzgebieten hätten Pestizide nichts zu suchen, sagte Habeck. (dpa)
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