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Mehr Geld für Szymczyk

Annette Kulenkampff tritt im nächsten Sommer als Geschäfts-führerin der Documenta ab

von Ingo Arend

Symbolpolitik der vordergründigen Art. Mehr ist die Entscheidung nicht, dass Annette Kulenkampff im nächsten Sommer ihr Amt als Geschäftsführerin der Documenta aufgeben wird. Die Formel vom „beiderseitigen Einvernehmen“ verschleiert natürlich nur die Schuldzuweisung der Mitteilung. Irgendjemand muss ja vor der Wähleröffentlichkeit dingfest gemacht werden für den ominösen Schwund von fünf Millionen Euro Steuergeldern hinter dem Olymp.

Adam Szymczyk, der temporäre Chef der Schau, ist längst über alle griechischen Berge. Bleibt nur noch die festangestellte Geschäftsführerin. Mit ihrer Demission erzwingen die Documenta-Träger freilich den zweiten vor dem ersten Schritt. Und solange sie nicht rechtlich belastbare Details aus dem Wirtschaftsprüfungsbericht vorlegen können, der dem Aufsichtsrat der Documenta Mitte November vorlag, nährt das den Verdacht, dass Annette Kulenkampff als Bauernopfer für etwas herhalten soll, was besser nicht das Licht der Öffentlichkeit erblickt.

Das wirkliche Problem löst aber auch die Trennung von Kulenkampff nicht. Denn spätestens seit der 3. Documenta 1964 leidet das mythische Unternehmen Documenta an einer nur schwer zu behebenden Sinnkrise. Mit dem Abtritt Arnold Bodes vor 53 Jahren zeichnete sich das Scheitern der Meistererzählung vom Triumph der von den Nazis verfemten Moderne ab, der die Schau ihre Entstehung verdankt.

Fotografie, Pop und Joseph Beuys lösten die Idee von der Kunst als Königsweg zur Abstraktion in ein Labyrinth politisch kontaminierter Stile auf. Auch das globale Forum des state of the art kann die Documenta kaum noch sein. Zu viele Kunstausstellungen, -biennalen und -messen schossen seitdem aus dem Boden.

Um neue Kunst zu sehen, muss heute niemand nach Kassel fahren. Auch wenn das Fremdenverkehrsamt der nordhessischen Metropole das sicher anders sieht. Documenta-Chef zu werden, ist zwar prestigereich, gleicht aber einem Himmelfahrtskommando. Jeder Chef oder jede Chefin muss alle fünf Jahre irgendwie das Mantra „Weltweit bedeutendste Ausstellung zeitgenössischer Kunst“ bedienen.

Jan Hoet rettete sich im Jahr 1992 mit einer Exzentriker-Documenta aus dem Dilemma. Fünf Jahre später zeigte Catherine David der Malerei den Stinkefinger. Adam Szymczyk trug die Eulen der Kunst nach Athen. Grenzüberschreitung liegt also sozusagen in der DNA der Documenta. Wenn man Glück hat, führt sie zum schönsten Luftschloss der Welt.

Szymczyk selbst hat seine Variante dieses Überbietungswettbewerbs nicht das Erhoffte gebracht. Den Posten des Direktors am Nationalmuseum für Zeitgenössische Kunst, mit dem der Eigenbrötler die Post-Documenta-Depression im sonnigen Athen auskurieren wollte, verwehrte ihm Griechenlands Kulturministerin Lydia Koniordou dieser Tage. Warum? Szymczyk wollte mehr Geld.

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