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Der Jäger der Keime

Eine neue Ausstellung im Museum des Robert-Koch-Instituts bringt BesucherInnen die Gesundheitsforschung und ihre Veränderung nahe – und den Institutsbegründer selbst

Von Sophie-Isabel Gunderlach

Das-Robert-Koch-Institut (RKI) hat seinen Berliner Hauptsitz am Nordufer im Wedding. Gäste aus aller Welt kommen hierher, um Wissenschaft und Forschung kennenzulernen – zufällige BesucherInnen sind allerdings selten. Genau das möchte das RKI nun ändern: Am 1. Dezember eröffnete es sein ausgebautes hauseigenes Museum für Interessierte, egal ob angemeldet oder nicht.

Schokolade und Viren

Bevor die Massen nun in Strömen anrücken, sollte aber gewarnt werden: Es handelt sich nicht um eine riesengroße Ausstellung über mehrere Stockwerke. Das Institutsmuseum besteht aus zwei Räumen und dem eindrucksvollen Mausoleum des Namensgebers des Instituts, Robert Koch. Ein Besuch lohnt sich dennoch: Zu sehen sind unter anderem Schokolade, Grippeviren und Asche eines Toten – eine solche Mischung findet sich nicht überall.

In den Museumsräumen betritt man zunächst einen großen Saal, ganz in Blau gehalten. Darin steht eine große Büste Robert Kochs. Auf der Wand ein Bild der historischen Entwicklung des RKI, daneben erzählen auf drei Bildschirmen MitarbeiterInnen des Instituts, was sie mit diesem und mit Robert Koch verbinden. „Das war uns wichtig, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzubeziehen“, erklärt Leiter Lothar Wieler. Denn das Museum soll nicht nur eins für Gäste, sondern auch fürs Personal sein – wer eine ruhige Minute im Geiste des berühmten Namensgebers sucht, kann sie hier finden.

Schokolade war 2001 Auslöser einer deutschlandweiten Salmonellen-Epidemie

Dafür geht man am besten direkt ins Mausoleum. Der Raum hat Wände und Böden aus Marmor. In die Wand gegenüber der Eingangstür ist eine helle Steinplatte mit einem Abbild des Nobelpreisträgers eingelassen. Dahinter befindet sich die Urne mit seiner Asche. Ein Absperrband verhindert, dass BetrachterInnen sie berühren.

Um Robert Koch und seine bis heute unbestreitbare Wichtigkeit für die Medizin einem breiten Publikum zu zeigen, haben die Verantwortlichen – in Partnerschaft mit dem Naturkundemuseum – ihre Ausstellung neu gestaltet. Koch war schon zu seiner Zeit ein Star der Medizin. Er forschte an Bakterien und jagte Krankheitskeime – 1882 entdeckte er den Tuberkulose-Erreger. Die Krankheit wurde auch die „weiße Pest“ genannt – rund 20 Prozent aller damaligen Todesfälle in Europa gingen darauf zurück. 1905 bekam Koch für seine Forschungen rund um die tückische Krankheit den Nobelpreis der Medizin.

Das Mausoleum in dem nach ihm benannten Institut entstand 1910, fünf Jahre nach seinem Tod. Das Museum im Hauptgebäude wurde an Kochs 50. Todestag im Jahr 1960 eingeweiht. Durch das in diesem Jahr neu gestaltete Konzept können die BesucherInnen nun auf 180 Quadratmetern rund 140 Ausstellungsgegenstände anschauen – teils in einem der ehemaligen Hochsicherheitslabors des RKI. Diese ziehen derzeit alle um an den neuen Standort an der Seestraße. Dort wird künftig mit der höchsten Sicherheitsstufe, S 4, an Ebola- oder Lassaviren geforscht.

In dem älteren Gebäude im Wedding bleiben nur Verwaltung und Museum. Auch deshalb können hier jetzt mehr BesucherInnen empfangen werden. Früher war das gar nicht ungefährlich: Wäre mal einer durch die falsche Tür gelaufen, hätte das üble Folgen haben können.

In dem ehemaligen Labor befinden sich heute Themenschwerpunkte zu derzeitigen Forschungen. An den Wänden werden Gegenstände von Koch und aus seiner Zeit gezeigt. Hingucker ist seine Nobelpreis-Medaille, die er 1905 verliehen bekam. Daneben gibt es einen alten Brutschrank zu sehen, Reisebücher Kochs oder eine von ihm angefertigte Auswertung einer Cholera-Epidemie in Kalkutta. Beeindruckend sind auch Plakate, die vor heute kaum noch bekannten Krankheiten warnen, etwa der Kinderlähmung.

Aus der aktuellen Zeit besonders ins Auge stechen Bildschirme, die die – schon angesprochene – Ausbreitung der Grippe-Epidemie zeigen. Auch eine Tafel Schokolade zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Die war 2001 Auslöser einer deutschlandweiten Salmonellen-Epidemie – vom RKI ausgewertet und herausgefunden. Spannend sind auch Schutzanzüge für die Forschung in Hochsicherheitslabors. Durch ein solches können die BesucherInnen sogar laufen – virtuell – mit einem Controller.

Sichtbar möchten die Initiatoren hier machen, was das RKI eigentlich heute macht: forschen und beraten. Die Angestellten suchen neue Wege, Infektionskrankheiten wie etwa die Grippe oder das Ebola-Virus, besser einzudämmen und eine Ausbreitung zu verhindern. Auch nicht ansteckbare, neue „Volkskrankheiten“, etwa Diabetes, und wie gegen diese vorgegangen werden kann, stehen im Fokus.

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