Sven Hansen über den Rücktritt von Pakistans Justizminister: Sieg für die Islamisten
Mit dem Rücktritt des pakistanischen Justizministers haben sich die Islamisten, die seit Wochen eine wichtige Straßenverbindung der Hauptstadt blockiert haben, durchgesetzt. Wieder einmal hat der Staat radikalen Kräften nachgegeben. Das wird sie ermuntern, sich künftig weiter über Recht, Gesetz und Parlamentsbeschlüsse hinwegzusetzen und bald wieder willkürliche Blasphemievorwürfe zu erheben. Die Lage religiöser Minderheiten dürfte sich damit weiter verschlechtern, die Religionsfreiheit weiter eingeschränkt werden.
Dabei konnte die Regierung noch froh sein, die Islamisten zum Verzicht auf eine Fatwa gegen den Minister bewegt zu haben. Die hätte zu seiner Ermordung führen können.
Pakistans Islamisten verschiedener Couleur, die bei Wahlen stets nur wenige Sitze gewinnen, sind seit Ende der 70er Jahre immer einflussreicher geworden. Oft passte dies ins Kalkül der mächtigen Armee, die nicht von der Regierung kontrolliert wird. Liberale Kräfte trauen sich dagegen längst nicht mehr, den Islamisten öffentlich entschieden entgegenzutreten.
Jetzt hat die zivile Regierung den Fehler gemacht, sich den Straßenblockierern nicht von Beginn an energisch in den Weg zu stellen. Jeder Tag der Blockade führte die Machtlosigkeit der Regierung weiter vor. Dabei war es natürlich richtig, vor dem Einsatz von Gewalt deren Verhältnismäßigkeit abzuwägen. Doch als die Polizei nach knapp drei Wochen Blockade zur Räumung geschickt wurde, war es zu spät.
Als die Regierung dann das Militär zu Hilfe holte, wurde dieses zum Königsmacher. Statt das Gesetz, den Minister und den Beschluss des Parlaments zu schützen, verlangte das Militär den Ministerrücktritt. So wandelte es sich vom Beschützer der Regierung zu ihrem Richter. Die wegen Korruption ohnehin schon diskreditierte Regierung wurde weiter geschwächt, das Militär und die Islamisten wurden wieder einmal gestärkt. Armes Pakistan.
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