piwik no script img

SPD-Granden wollen Kopf loswerden

Die SPD versucht in Schleswig-Holstein einen Neuanfang – mit oder ohne Parteichef Ralf Stegner

Von Esther Geißlinger

„Feucht-fröhliche Feiern“ – André Seidel, seit Mai dabei, weiß schon, was er Schönes an seiner Parteiheimat hat. Auch flache Hierarchien und inhaltsreiche Veranstaltungen lobt der 27-Jährige, der beim Landesparteitag der SPD in Neumünster für die Neumitglieder spricht. „Aber meine Generation vermisst einen Gesellschaftsentwurf.“ Die Juso-Landesvorsitzende Sophia Schiebe pflichtet bei: „Es fehlt an Visionen.“ Nach den Wahlniederlagen in Land und Bund müsse ein Neuanfang her, darüber waren sich die Delegierten einig. Der Parteitag sollte den Startschuss geben, verhakte sich aber in Bestandsaufnahmen. Deutliche Kritik gab es an Parteichef Ralf Stegner.

Stegner selbst wies auf „strukturelle Probleme“ hin: Die Partei überaltere, verliere die Verankerung in den Betrieben und den Kontakt zu ihren klassischen Milieus. Selbstkritik beginne in der Führung, „also bei mir“, aber er betonte auch: „Gerechtigkeit als zentrale Frage war richtig.“ Die Haltung „links, dickschädelig und frei ist nicht altmodisch“, so Stegner. Das Programm müsse nicht grundlegend geändert werden, „wir müssen es updaten“.

Dafür gab es Zustimmung, aber auch Kritik: Die Partei werde als „One-man-Show“ wahrgenommen, die Meinungsbildung finde „von oben nach unten statt“. Flensburgs Bürgermeisterin Simone Lange sagte: „Nichts an Ralfs Worten ist falsch, dennoch verlieren wir Wahlen.“ Deutlich wurden ehemalige Regierungsmitglieder: „Erneuerung an Gliedern und Haupt“ forderte Frank Nägele, Staatssekretär früher in Kiel und jetzt in Hannover: „Die Parteiführung gehört in Hände, die Wahlen gewinnen können.“ Ex-Wirtschaftsminister Reinhard Meyer beklagte Fehler und fehlende Strategie im Wahlkampf. Er hoffe, der „liebe Ralf“ werde „in absehbarer Zeit“ den Weg für eine Erneuerung freimachen.

Stegner schlug daraufhin vor, die Parteibasis über die nächste Spitzenkandidatur abstimmen zu lassen. Die nächste Vorstandswahl ist für 2019 geplant, hier könne jede und jeder antreten. „Wer in der SPD was macht, regeln wir in geheimen Wahlen“, so Stegner.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen