Neue Unesco-Chefin Audrey Azoulay: Die unwahrscheinliche Kandidatin

Die unerfahrene Französin Audrey Azoulay ist zur Unesco-Chefin gewählt worden. Ihre Kandidatur galt als Affront für arabische Länder.

Audrey Azoulay im Porträt

Schaffte es trotz ihrer Umstrittenheit, genug Unterstützung zu organisieren: Audrey Azoulay Foto: ap

Eine „diplomatische Taktlosigkeit“ wurde ihre Kandidatur zunächst genannt, ein „peinliches“ und „ärgerliches“ Vorkommnis. Und doch: Am Freitag wurde die Französin Audrey Azoulay wohl von der Unesco-Generalkonferenz zur Generaldirektorin der UN-Kulturorganisation gewählt. Azoulay erhielt 131 Stimmen bei 19 Gegenstimmen. Ihre Bestätigung durch die Generalkonferenz der Mitgliedstaaten galt als Formsache.

Azoulays Kandidatur war noch vom früheren Präsidenten François Hollande unterstützt worden. In seiner Regierung leitete sie ein Jahr lang das Kulturministerium. Sie galt zwar als kompetent, war international aber bisher nicht besonders in Erscheinung getreten. Der eigentliche Grund für die Empörung anlässlich ihrer Kandidatur war nicht ihre vergleichsweise Unerfahrenheit. Viel schwerer wog die Tatsache, dass der Unesco-Chefposten eigentlich an einem Kandidaten aus den arabischen Ländern hätte gehe sollen.

Dass nun endlich ein Kandidat aus diesen Staaten an die Reihe käme, galt als angebracht. Umso heftiger war die Kritik an Azoulays Vorhaben: „Eine solche Kandidatur ist eine Beleidigung für die arabischen Länder, die niemals einen solchen Posten bei der Unesco erhalten haben“, schimpfte etwa die französische Senatorin Joëlle Garriaud-Maylam nach der Bekanntgabe.

Letztlich profitierte Azoulay aber auch davon, dass sich die arabischen Länder nicht auf einen Kandidaten einigen konnten. Mit 30 zu 28 Stimmen setzte sich Azoulay im Unesco-­Exekutivrat gegen den katarischen Kandidaten Hamad bin Abdulasis al-Kawari durch.

Arbeit für die französische Filmförderungsbehörde

Doch trotz aller Kritik an Azoulay: Die Absolventin der Pariser Elite-Hochschule ENA hat sich breite Unterstützung organisiert, zum Beispiel von Künstlern wie dem Regisseur Volker Schlöndorff. Bevor sie Ministerin wurde, arbeitete Azoulay bei der einflussreichen französischen Filmförderungsbehörde – beruflich stand die Kultur also stets im Mittelpunkt ihres Wirkens, wie sie nur allzu gern betont.

Für viele Beobachter ist es zudem eine biografische Besonderheit, die Azoulay für den Unesco-Posten empfiehlt: Die Politikerin stammt aus einer jüdischen Familie mit Wurzeln in Marokko. Ihr Vater ist Berater des marokkanischen Königs. Die Hoffnung ist, dass sie mit Sensibilität und diplomatischem Geschick die Krise der Unesco zu lösen versteht. Denn im Oktober erst verließen die USA und Israel die Kulturorganisation, der sie vorwerfen, israelfeindlich zu sein. Azoulay sagte einmal von sich, sie sei aufgewachsen in einem „durch den israelisch-palästinensischen Konflikt politisiertem“ Milieu. Politisch ordnet sie selbst sich links ein.

2011 hatten die USA bereits ihre Zahlungen an die Unesco gestoppt, was heftige Finanzierungsschwierigkeiten hervorruft. Deswegen will und muss sich die Französin schnell für mehr Geld aus den Mitgliedsstaaten starkmachen. Doch Überzeugungsarbeit sei sie gewöhnt, sagte sie dem französischen Le Journal du Dimanche: „Die Kultur, das ist immer ein Kampf, man muss überzeugen, sich durchkämpfen.“

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