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Puigdemont vor Amtsenthebung

Spaniens Ministerpräsident kündigt an, mit Artikel 155 die Autonomie Kataloniens außer Kraft zu setzen

„Demokratisch die Zukunft einer Nation zu entscheiden ist kein Verbrechen“

Carles Puigdemont

Aus Madrid Reiner Wandler

Es ist so weit. Spaniens konservativer Ministerpräsident Mariano Rajoy leitet Zwangsmaßnahmen gegen Katalonien ein. „Dies setzt die Autonomie und die Selbstregierung Kataloniens nicht außer Kraft, aber es enthebt diejenigen Personen ihres Amtes, die Autonomie und Selbstregierung außerhalb des Gesetzes gestellt haben“, erklärte Rajoy nach einer Sondersitzung seines Kabinetts am Samstag früh. Doch was er dann vorstellte, sieht ganz so harmlos nicht aus.

Der Chef der Autonomieregierung, Carles Puigdemont, sowie alle Minister werden ihres Amtes enthoben werden. Auch das katalanische Parlament büßt Kompetenzen ein. Es hat fortan nicht mehr das Recht, eine neue Regierung zu bilden, und Madrid kann gegen alle Beschlüsse des Parlaments ein Veto einlegen, wenn sie für nicht verfassungsgemäß erachtet werden. Bis zu Neuwahlen, die Rajoy spätestens in sechs Monaten ausrufen will, bleibt Katalonien direkt Madrid unterstellt.

All dies sei notwendig, da sich die katalanische Regierung „außerhalb des Gesetzes gestellt“ habe, erklärte Rajoy. Es ist zum ersten Mal in der 39-jährigen Geschichte der spanischen Verfassung, dass der Artikel 155 angewandt wird.

Ob Rajoy Politiker oder Technokraten nach Barcelona schickt oder die Ministerien in Madrid die Verwaltung Kataloniens übernehmen, ist noch offen. Madrid wird damit so sensible Bereiche wie die Führung der Autonomiepolizei Mossos d’Esquadra, aber auch Bildung und das öffentliche Fernsehen und den Rundfunk übernehmen. Lehrer- und Elternverbände sowie die Journalistengewerkschaft haben bereits Proteste angekündigt.

Jetzt muss das Paket durch den Senat. Noch am Samstag befasste sich das Präsidium der zweiten Kammer des spanischen Parlaments mit dem Dokument. Diese Woche wird es einer Kommission aus Vertretern aller autonomen Regionen vorgelegt. Diese studiert den Plan und hört Puigdemont. Am Freitag dann wird eine Plenarsitzung die Maßnahmen endgültig verabschieden. Rajoys Partido Popular (PP) hat im Senat die absolute Mehrheit und wird zudem von der sozialistischen PSOE und den rechtsliberalen Ciudadanos unterstützt, mit deren Führern Rajoy die Maßnahmen gegen Katalonien abgestimmt hat.

„Demokratisch die Zukunft einer Nation zu entscheiden ist kein Verbrechen“, reagierte Puigdemont am Samstagabend in einer Fernsehansprache. Er warf Rajoy vor, „die schlimmste Entscheidung“ seit der Franco-Diktatur getroffen zu haben. Konkrete Schritte kündigte Puigdemont in seiner Rede, die er auf Katalanisch, Spanisch und Englisch hielt, nicht an. Er will in der kommenden Woche vor das katalanische Parlament treten. Dort könnte er dann die Unabhängigkeit ausrufen, Wahlen ansetzen oder beides.

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