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Wohnen – klimaneutral und sozial

Die Deutsche Umwelthilfe und der Deutsche Mieterbund stellen gemeinsame Forderungen an eine mögliche Jamaika-Koalition. Sorgen macht ihnen dabei vor allem die FDP

Von Hanna Voß

Es sei das erste Mal, sagt Barbara Metz von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) nach kurzer Überlegung, dass sich ihr Verband mit dem Deutschen Mieterbund (DMB) in dieser Entschiedenheit zusammenschließt. Der Zeitpunkt ist kein Zufall: Noch bevor die möglichen Jamaika-Koalitionäre am Mittwoch die Gespräche aufnehmen, wollten DUH und DMB präsentieren, was sie im Falle einer Regierungsbildung von Union, FDP und Grünen erwarten. In einem „6-Punkte-Sofortprogramm für sozialverträglichen Klimaschutz im Gebäude“ fordern sie unter anderem, dass die Modernisierungsgrundlage angepasst wird.

Aktuell können Vermietende elf Prozent ihrer Investitionskosten auf die Jahresmiete umlegen. Diese Mieterhöhung soll dann durch sinkende Energiekosten eingespart werden. Doch das gehe schlicht nicht auf, bestätigt Franz Michel, Energieexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband (Vzbv). „Sechs Prozent reichen dagegen völlig aus, um wieder reinzuholen, was ausgegeben wurde.“

Indes kritisieren DUH und DMB in ihrem Papier, dass Klimaschutz und soziale Verträglichkeit in der politischen Debatte oftmals gegeneinander ausgespielt würden; etwa bei der Frage, CO2-Emissionen angemessen zu besteuern. Die steigenden Einnahmen aus den Energiesteuern müssten dann eben auch genutzt werden, um einkommensschwache Haushalte, zum Beispiel über einen Heizkostenzuschuss, zu entlasten.

Klimaneutral und gleichzeitig sozialverträglich zu wohnen, sei keineswegs unmöglich, sondern langfristig unabdingbar, sagt Metz. Die hohen Mieten dieser Tage seien nicht auf die energetischen Anforderungen zurückzuführen, sondern „vor allem auf das Missverhältnis von Angebot und Nachfrage“. 400.000 neue Wohnungen werden pro Jahr gebraucht, 2016 wurden nicht einmal 278.000 gebaut.

Erschwerend hinzu kommt, dass die Mietpreisbremse in ihrer aktuellen Form nicht funktioniert. Vermietende müssen derzeit kaum Sanktionen fürchten, wenn sie die Grenze ignorieren, da Mieter*innen gerade in den Städten schon froh sind, wenn sie überhaupt eine Wohnung finden.

400.000 neue Wohnungen werden pro Jahr gebraucht, 2016 wurden keine 278.000 gebaut

DMB-Geschäftsführer Ulrich Ropertz erklärt nachdrücklich: „Sehen Sie sich den Wohnraum in München, Stuttgart oder auf dem Land an. Auch, wenn alle vergleichbar energetisch beschaffen sind, klaffen die Quadratmeter-Preise weit auseinander. Daran liegt es also nicht.“ Insbesondere da, wo es keine Probleme gibt, eine Bleibe ans zahlungskräftige Publikum zu bringen, würden Preise, ohne Regulierung, immer nach oben getrieben.

DUH und DMB wollen, dass steuerliche Anreize für energetische Sanierungen gesetzt werden, sie verlangen eine Anpassung der Mietspiegelregelung, ein Klima-Wohngeld und funktionierende rechtliche Instrumente.

Äußerst kritisch betrachten Metz und Ropertz daher die Position der FDP. Dass die Freien Demokraten sich zu derartigen ordnungspolitischen Maßnahmen hinreißen lassen, halten beide für unrealistisch. „Da macht die FDP nur mit, wenn sie getrieben wird“, sagt Ropertz. Man glaube eben daran, dass der Markt das schon alles selbstständig regele. „Wir hoffen natürlich, dass die Grünen sich durchsetzen“, sagt Metz. Und dann bestenfalls ein anderes Ministerium besetzten als das für Auswärtige Angelegenheiten.

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