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Nun soll er Abgeordnete zähmen

POSTENKARUSSELLWolfgang Schäuble übernimmt den Spitzenjob im Parlament. Union und Sozialdemokraten sind dafür – und der FDP passt das auch sehr gut: Sie kann im Jamaika-Fall auf das Finanzministerium hoffen

So schaut er drein, wenn er sein Budget präsentiert. Wird er im neuen Job mehr lachen können? Foto: Fabrizio Bensch/reuters

AUS BERLIN Anja Maier

Soll keiner sagen, bei der Union gehe nach der Wahl alles so weiter wie bisher. Mag auch der Fraktionschef wieder Volker Kauder heißen und auch der Parlamentarische Geschäftsführer derselbe sein wie zuvor – beim Amt des Bundestagspräsidenten gibt es Neuigkeiten.

Am Mittwochnachmittag twit­terte Peter Tauber: „Wolfgang Schäuble als Bundestagspräsident. Das wäre nicht nur verdient, sondern wieder ein herausragender Kopf an der Spitze des Parlaments.“ Weil sich ein CDU-Generalsekretär manches, aber keine Privatmeinung leisten kann, darf Taubers „Vorschlag“ gern als Entscheidung der Parteivorsitzenden verstan­den werden. Unionsfraktionschef Kauder bestätigte kurz da­rauf, Schäuble wolle kandidieren. Schon seit Tagen fiel immer wieder der Name Schäuble, wenn es um die Nachfolge des ausgeschiedenen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert ging. Die Union muss als stärkste Fraktion bis zum 24. Oktober einen Kandidaten für das Amt benennen. Angesichts der neuen Rechtspopulisten von der AfD braucht es da eine Person, die bei Abgeordneten und Wählern respektiert ist und intellektuell und rhetorisch in der Lage, den Rechtsauslegern Paroli zu bieten.

Wolfgang Schäuble wäre diese Person. Der gerade 75 Jahre alt gewordene Politiker gehört seit 1972 dem Parlament an, er vertritt politisch eine harte konservative Linie. In den zurückliegenden zehn Jahren als Bundesfinanzminister hat er den Haushalt mitunter brutal gegen Begehrlichkeiten aus den Ressorts verteidigt. Seine Härte gegenüber dem krisengeschüttelten Griechenland war Anlass für viel Kritik.

Mit Angela Merkel verbindet ihn eine, sagen wir, gewachsene Verbindung. Als Merkel sich im Dezember 1999 wegen der CDU-Spendenaffäre öffentlich von Helmut Kohl distanzierte, war das auch ein Affront gegen den damaligen CDU-Vorsitzenden Schäuble. Später wurde sie seine Nachfolgerin. Als aber Schäuble 2004 Bundespräsident werden wollte, blockierte Merkel dies. Dennoch blieb er ihr stets loyal verbunden. Bei Schäubles 75. Geburtstag Anfang letzter Woche in Offenburg hielt sie eine launige Rede auf ihn.

Nun also wird Wolfgang Schäuble Präsident des deutschen Bundestags. In dem zweithöchsten Staatsamt fungiert er nicht nur als Leiter des Plenarbetriebs. Er ist auch Präsident der Bundesversammlung, die den Bundespräsidenten wählt.

Im Plenum hat er das Hausrecht, das er notfalls mit Polizeigewalt durchsetzen könnte. Er ist zugleich der oberste Dienstherr der Bundestagsbeamten, überwacht die Einhaltung des Parteispendengesetzes und regelt die Wahlkampfkostenerstattung. Vertrackt könnte es allerdings diesmal bei der Wahl werden: Die wird vom Alterspräsidenten geleitet – aber der ist Wolfgang Schäuble ebenfalls.

In der Unions-Spitze wird betont, dass man niemals auf Schäuble gekommen wäre, wenn man die Position des Bundestagspräsidenten jetzt nicht als Spitzenjob ansehen würde.

Angesichts der AfD im Parlament braucht es eine Person, die bei Abgeordneten und Wählern respektiert ist

Aus den Landesparlamenten wissen Parteien wie CDU und SPD, wie fintenreich die AfD teilweise auf der Klaviatur der Geschäftsordnungen spielt. Tabubruch gilt als Erfolgsmittel, um mediale Aufmerksamkeit zu bekommen.

Die Sorge ist berechtigt, dass die neuen AfD-Abgeordneten diesen Stil auch in den Bundestag tragen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnte zuletzt am Dienstag ausdrücklich vor dem Übertreten roter Linien der politischen Debatte.

Für Angela Merkel wäre das vakante Bundesfinanzministerium nicht zuletzt ein Pfund für ihre Koalitionsverhandlungen: Um mit FDP und Grünen eine Regierung bilden zu können, muss sie Schlüsselressorts anbieten können.

Die Liberalen haben bereits signalisiert, dass sie als größerer der kleinen Koalitionspartner das Finanzministerium beanspruchen möchten. Es mag daher nicht ausschließlich Bewunderung aus dem folgenden Tweet von FDP-Fraktionschef Christian Lindner gesprochen haben: „Habe@cducsubt Unterstützung für #Schäuble als #Bundestagspräsident zugesichert. Herausragende Persönlichkeit, natürliche Autorität.“

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