Krieg in Syrien und Irak: Der IS verliert Grenzort an Baghdad
Der Irak rückt gegen den IS vor, steht mit dem geplanten Kurden-Referendum aber vor neuen Herausforderungen. In Syrien griffen sich zwei IS-Gegner gegenseitig an.
Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) hat in den vergangenen Monaten den größten Teil ihres ehemaligen Herrschaftsgebietes im Irak verloren. Im Sommer konnten Regierungskräfte die IS-Bastion Mossul einnehmen.
Im Nachbarland Syrien kam es nach US-Angaben zu einem russischen Angriff auf die mit den Amerikanern verbündeten Kurden. Bei dem Angriff in der Nähe der ostsyrischen Stadt Deir as-Saur seien sechs Kämpfer verletzt worden, erklärten die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) am Samstag. Die USA bestätigten die Darstellung des kurdisch geführten Bündnisses.
Die SDF sind in Syrien wichtigster Partner der US-geführten Anti-IS-Koalition und werden von dieser mit Luftangriffen unterstützt. Das US-Zentralkommando betonte, dass es eine Standleitung zum russischen Militär gebe, um solche Eskalationen zu verhindern.
Das Verteidigungsministerium in Moskau bestritt die Darstellung jedoch und teilte am Sonntag mit, dass Washington vorab über den Angriff informiert gewesen sei. Damit habe eine „unnötige Konfrontation“ vermieden werden sollen. Russlands Angriffe würden sich zudem nur gegen Ziele richten, die zuvor eindeutig dem IS zugeordnet worden seien.
Linda W. droht die Todesstrafe
Unterdessen drohte Iraks Ministerpräsident mit einem Einsatz des Militärs in Hinblick auf das von Kurden im Irak geplante Unabhängigkeitsreferendum am 25. September. Wenn es bei der Abstimmung zu Gewalt komme, sei ein Militäreinsatz möglich, drohte Haidar al-Abadi in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP. Das Referendum sei eine „gefährliche Eskalation“ und könne zum Verstoß gegen die Souveränität des Irak führen. Skeptisch äußerte er sich auch angesichts der deutschen Jugendlichen Linda W., die als IS-Anhängerin um ihre Freiheit bangt.
Al-Abadi bestätigte, die 16-Jährige, die im vergangenen Monat in der Stadt Mossul gefunden wurde, sei noch immer in einem Gefängnis in Bagdad untergebracht. Die Justiz des Landes werde entscheiden, ob W. mit der Todesstrafe rechnen muss. „Teenager sind bestimmten Gesetzen zufolge verantwortlich für ihre Taten, besonders, wenn diese Tat eine kriminelle Handlung ist, wenn es um die Tötung unschuldiger Menschen geht.“
Der Ministerpräsident äußerte sich auch zu Hunderten Familien, die in den Gebieten des selbsterklärten Kalifats der Terrormiliz Islamischer Staat lebten. Rund die Hälfte aller betroffenen Anhänger, darunter mehr als 1.300 Frauen und Kinder, stammten aus der Türkei. Bislang seien zwar lediglich weniger als 100 Personen in ihre Heimatländer zurückgelangt, sagte Al-Abadi. Doch liege es nicht im Interesse des Irak, die Familien zu behalten, während die Ursprungsländer auf eine Rückkehr vorbereitet seien.
Die vielen Iraker, die vor der Gewalt in ihrem Land geflohen waren, forderte er zur Rückkehr nach Hause auf. „Wir wollen unsere Bürger nicht verlieren“, so Abadi.
Streitpunkt Kurden-Referendum
Dabei steht der Irak mit dem geplanten Unabhängigkeitsreferendum der Kurden vor einer neuen Herausforderung, mit dem die Sicherheit im Land weiter infrage steht. Auf die Frage, ob er jemals ein unabhängiges Kurdistan akzeptieren werde, sagte er, dies sei nicht seine Entscheidung, sondern eine Angelegenheit der Verfassung. Wenn die irakischen Kurden weiter auf diesem Wege gehen wollten, müssten sie eine Verfassungsänderung anstreben. „In dem Fall müssen wir durch das Parlament und ein Referendum für die gesamte irakische Bevölkerung.“ Eine Abstimmung lediglich der Kurden halte er für feindselig gegenüber der restlichen Bevölkerung.
Die Regierung der Kurdenregion möchte das Referendum in den drei Bezirken abhalten, die ihre autonome Region bilden, sowie in umstrittenen Gebieten, die von kurdischen Truppen kontrolliert, aber von der Zentralregierung in Bagdad beansprucht werden.
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