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Rückkehr des Wunderkinds

DFB Timo Werner ist an die erste Stelle in der deutschen Stürmer-Hierarchie gesprungen – nun spielt der 21-Jährige mit der Nationalmannschaft gegen Norwegen an alter Wirkungsstätte vor. Die Schmährufe von Prag will er überhört haben

aus Stuttgart Frank Hellmann

Die Aufbauarbeiten für die Cannstatter Wasen sind längst in vollem Gange. Hundertschaften an Handwerkern schrauben die großen Zelte zusammen, die bald die Massen zum größten Volksfest der Region locken. Das Festgelände geht am Fußes des Neckars fast nahtlos in jenes Terrain über, das sein Antlitz erheblich verändert hat und hauptsächlich vom VfB Stuttgart genutzt wird. Mittendrin die nach dem noblen Autobauer benannte Fußball-Arena, in dem die deutsche Nationalmannschaft ihr WM-Qualifikationsspiel gegen Norwegen (20.45 Uhr/RTL) bestreitet. Timo Werner kennt hier nicht nur jeden Fleck, er hat dort auch schon fast alles erlebt. Sie haben ihn wechselweise als Wunderkind gefeiert oder als Versager gebrandmarkt. „Ich glaube, ich habe in jungen Jahren schon so viel durchgemacht wie andere in ihrer ganzen Karriere nicht“, sagte der Stürmer von RB Leipzig gerade der Süddeutschen Zeitung.

Offen erzählte der siebenfache A-Nationalspieler, der beim WM-Qualifikationsspiel gegen Tschechien (2:1) sein viertes Länderspieltor erzielte, von den Schwierigkeiten, die am Ende eine Flucht vom schwäbischen Heimatverein erforderlich machten, um beim sächsischen Emporkömmling einen Neuanfang zu starten. Der gebürtige Stuttgarter war in der Bundesliga jüngster Debütant, jüngster Torschütze des VfB, „und daraus ist eine Erwartungshaltung entstanden, die man als 18-Jähriger wahrscheinlich gar nicht erfüllen kann“.

Dann habe er in der Abstiegssaison 2015/2016 in Stuttgart „richtig spüren können, wie das Image allmählich kippt“. Interne Demütigungen hatten ihren Anteil daran. Dass damalige Trainer seinen Torjubel veräppelten, dass ihn Mitstreiter beim Torschusstraining aufzogen („Und das soll dieser Superspieler sein?“), unterfütterte die These, dass das Talent im eigenen Stall oft nicht viel zählt. Unter Joachim Löw, selbst einst VfB-Trainer, erfreut sich der 21-Jährige inzwischen einer erheblichen Wertschätzung.

In der „Mannschaft“ hat sich der Blondschopf mit den flinken Beinen an die erste Stelle katapultiert, auch wenn der Bundestrainer von hierarchischen Rangfolgen ungefähr so viel hält wie von einer schnöden Defensivtaktik. Aber allein Timo Werner habe jene Läufe in die Tiefe unternommen, die das deutsche Angriffsspiel benötigt hätte, führte Löw nach dem glücklichen Sieg am Freitagabend aus. Der wuchtige Mittelstürmer Mario Gomez, ein weiterer Ex-Stuttgarter, mache zwar im Training auch einen „guten Eindruck“, und er wisse noch nicht, wer gegen Norwegen beginne, aber der bevorzugte Stürmertyp ist Gomez für Löw definitiv nicht.

Beim Confed-Cup hatte der elf Jahre jüngere Konkurrent drei Treffer erzielt und zwei Vorlagen gegeben, wofür Werner nach dem Finale den Goldenen Schuh als Torschützenkönig überreicht bekam. Das Zusammenspiel mit dem dahinter lauernden Lars Stindl funktionierte so gut, dass Löw auch in Prag jene Variante wählte. Dass die deutsche Offensive noch nicht ins Laufen kam, lag nicht an der Nummer elf. „Es war sehr schwer, freie Räume zu finden“, räumte Werner ein, „aber die Tschechen haben das gut gemacht. Ich war froh, dass ich so früh treffen konnte. Das hilft einem Stürmer immer.“ Dass die deutschen Chaoten ihn wieder bepöbelten, wollte er angeblich nicht gehört haben. Löw geißelte die Prager Pöbeleien in Werners Richtung am Sonntag rückblickend als „peinlich“.

Interessant wird nun sein, wie Stuttgart seinen verlorenen Sohn begrüßt, der bekundet, „immer noch VfB-Fan“ zu sein. Wird er mit Pfiffen eingedeckt, weil er eine Zielscheibe für das Red-Bull-Projekt gibt?

Löw richtete einen eindringlichen Appell an die Kundschaft: „Ich erwarte einen fairen Umgang. Er ist ein Teil der Nationalmannschaft.“

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