Verfassungskrise in Venezuela: Verbot von Demonstrationen
Die Oppposition will trotz des Verbotes landesweite Massenproteste durchführen. Wieder gibt es Tote. Die USA ziehen Diplomatenfamilien aus Venezuela ab.
Das seit 1999 von Sozialisten regierte Land mit den größten Ölreserven der Welt steht nach Jahren der Misswirtschaft am Rande des Ruins. Gewalt, Lebensmittel- und Medizinmangel prägen den Alltag.
Mit fünf weiteren Todesopfern während eines 48-stündigen Generalstreiks stieg die Zahl der Toten seit Ausbruch der Proteste vor 120 Tagen auf nun 105. Der sozialistische Präsident Nicolás Maduro bot dem MUD einen Dialog an – Bedingung der Opposition sind aber sein Abschied von der Macht, eine Absage der Verfassungsreform und Neuwahlen. Beobachter rechnen mit einer Eskalation, wenn am Sonntag die Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung stattfindet.
Durch die Bevorzugung von Vertretern der Arbeiterklasse wird mit einer Mehrheit für Sympathisanten Maduros gerechnet. Die Opposition fürchtet den Umbau zu einer Diktatur über den Hebel der Reform. Gewählt werden 545 Mitglieder der verfassungsgebenden Versammlung.
Davon vertreten 364 Mitglieder jeden Kommunalbezirk im Land – hierfür stehen 3200 Kandidaten zur Wahl. Aufgestellt wurden viele Vertreter der Partido Socialista Unido de Venezuela, auch Maduros Ehefrau Cilia Flores. Dazu kommen 181 Personen aus Sektoren, die vorwiegend den Sozialisten nahestehen: Arbeiter, Studenten, Rentner und Bauern.
Mittlerweile haben zehn Fluggesellschaften den Flugverkehr nach Caracas eingestellt, Zehntausende Menschen sind geflüchtet. Maduro hat angekündigt, das von Hugo Chávez 1999 begonnen sozialistische Experiment notfalls auch mit Waffengewalt verteidigen zu wollen, die Wahl sollen 232.000 Sicherheitskräfte schützen. Die Opposition will die Wahl am Sonntag boykottieren – in einem symbolischen Referendum hatten sich mehr als sieben Millionen Menschen geben die Pläne ausgesprochen.
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