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Kim Jong Un eskaliert weiter

Nordkorea Das Regime in Pjöngjang feuert wieder eine Rakete ab, diesmal fliegt sie über Japan hinweg. Russland sieht darin Kim Jong Uns Antwort auf Militärmanöver im Süden

Aus Seoul Fabian Kretschmer

Nordkorea hat am Dienstagmorgen seinen bisher 18. Raketentest in diesem Jahr durchgeführt: Gegen sechs Uhr Ortszeit flog eine Mittelstreckenrakete von der Hauptstadt Pjöngjang über die nördliche japanische Insel Hokkaido hinweg und zerschellte 1.180 Kilometer östlich davon im Pazifik. Noch nie hat Nordkorea in solch hoher Frequenz sein Raketenarsenal getestet. Erst am Samstag hatte das Militär drei Kurzstreckenraketen von seiner Ostküste abgefeuert.

Der Abschuss vom Dienstagmorgen verdient dennoch ungleich stärkere Aufmerksamkeit: Zum ersten Mal hat das Regime einen ballistischen Flugkörper direkt von einem Flugplatz seiner Hauptstadt Pjöngjang aus abgefeuert. Zudem wurde die Mittelstreckenrakete in einem ungewöhnlich flachen Winkel abgeschossen und legte so 2.700 Kilometer zurück. Zuletzt hatte 2009 eine nordkoreanische Rakete Japan überflogen.

Südkorea reagierte mit einer ungewöhnlich starken Machtdemonstration: In der östlichen Provinz Gangwon, nur wenige Kilometer von der nordkoreanischen Grenze entfernt, warfen vier F-15K Kampfflugzeuge acht Bomben von jeweils einer Tonne Sprengladung ab. Das Militär ließ keine Zweifel daran, an wen das simulierte Manöver gerichtet war: Im Kriegsfall würde man die „feindliche Führung in Nordkorea auslöschen“.

Zudem ordnete Präsident Moon Jae In seinem Verteidigungsministerium an, einen neuen Angriffsplan gegen Nordkorea auszuarbeiten. Ziel sei es, im Kriegsfall nicht auf die Ankunft von weiteren US-Truppen warten zu müssen. Es sind deutliche Worte für einen linksgerichteten Politiker, der stets für eine Annäherung an Nordkorea geworben hat, doch dessen Bemühungen seit Mai von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un stets als „unaufrichtig“ ausgeschlagen worden sind.

Südkoreas Präsident ordnete einen neuen Angriffsplan gegen den Norden an

„Es wird zunehmend schwerer für Präsident Moon Jae In, den Widerspruch in seiner Politik aufzulösen: einerseits die Kooperation mit den USA als engen Verbündeten nicht zu gefährden und andererseits die innerkoreanischen Beziehungen zu normalisieren“, sagt Cheong Wook-sik von der Nichtregierungsorganisation Peace Network in Seoul.

Das russische Außenministerium macht auch die derzeitigen US-südkoreanischen Militärmanöver für Nordkoreas Provokationen verantwortlich. Noch bis Donnerstag üben 17.500 US-Militärs und 50.000 südkoreanische Soldaten den Krieg gegen Pjöngjang. Auch wenn der noch immer unwahrscheinlich erscheint, werden sich die Provokationen wohl bald noch verschärfen: Am Montag unterrichtete der südkoreanische Geheimdienst einige Abgeordnete, dass Nordkorea kurz vor seinen sechsten Atomtest stünde.

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