Drogenkrieg auf den Philippinen: Katholiken brechen Schweigen

Die katholische Kirche geht immer stärker in Opposition zu Präsident Duterte. Der lässt mutmaßliche Drogendealer und Junkies ermorden.

Mädchen und Jungen halten Kerzen und Schilder in die Höhe. Auf den Schildern steht: „Gerechtigkeit für Kian“. Er wurde zuvor erschossen.

Demonstration gegen das Morden am 21. August in Caloocan. Ein 17-Jähriger wurde zuvor erschossen Foto: dpa

BERLIN taz | In den Philippinen wächst der Widerstand gegen die seit 13 Monaten andauernden Ermordungen mutmaßlicher Drogendaler und -süchtiger. Die Opferzahl steht inzwischen bei 13.500. Ginge es nach Präsident Rodrigo Duterte, würde es viel mehr Tote geben. Daher lobte der 72-Jährige auch die Polizei, die vergangene Woche in groß angelegten Aktionen in der Hauptstadt Manila und der Nachbarprovinz Bulacan 76 Menschen erschoss. An einem einzigen Tag waren es 32. „Das ist gut so“, sagte Duterte, „wären es jeden Tag 32, würden wir unser Drogenproblem tatsächlich loswerden.“

Rechtlich sieht der Jurist Duterte kein Problem. Die Polizei erschieße doch nur diejenigen, die sich einer Verhaftung widersetzten. Doch Bilder einer Überwachungskamera und Zeugenaussagen belegen, dass ein 17-jähriger Schüler letzte Woche von drei Polizisten zunächst misshandelt und dann erschossen wurde. „Er hat um sein Leben gefleht, aber die haben einfach abgedrückt. Dabei war mein Freund unbewaffnet“, erinnert sich eine Augenzeugin. Die Polizei besteht darauf, dass der Teenager sich gewehrt habe. Eine Autopsie bestätigte indes, dass „der Junge mit dem Gesicht nach unten lag und der Killer über ihm gestanden hat“. Die Familie des Opfers bestreitet jede Verbindung zu Drogen.

Der Vorfall rüttelt ein Land auf, dessen Bevölkerung laut Umfragen Dutertes mörderischen Kurs mehrheitlich guthieß. Inzwischen besann sich die einst so wortstarke katholische Kirche, die sich bisher weitestgehend in Schweigen hüllte, auf ihre Führungsrolle. Die beiden ranghöchsten Geistlichen des Archipels, Kardinal Luis Antonio Tagle und der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Socrates Villegas, riefen die Gläubigen dazu auf, den Drogenkrieg nicht weiter passiv zu unterstützen.

„Wie kann es sein, dass sich kaum jemand Gedanken macht um die Witwen und Waisen? Warum sind wir nicht geschockt von den Schüssen und dem Blut auf unseren Straßen? Wieso werden nur die Armen erschossen, während reiche Verdächtige mit Verbindungen ein ordentliches Verfahren bekommen?“, fragte Villegas. Um der Opfer zu gedenken und die Gläubigen an ihre Verantwortung zu erinnern, sollen nun jeden Abend um 20 Uhr landesweit die Kirchenglocken läuten. „Es ist Zeit, zu reflektieren, zu beten und zu handeln“, so der Aufruf der Kirchenoberen.

Einige Hundert Philippiner demonstrierten Montagabend in der Hauptstadt. Shamah Bulangis von der Oppositionspartei Akbayan trotzte dem strömenden Regen und sagte: „Wir sind hier, um unsere Wut gegen den brutalen Drogenkrieg zu zeigen. Der sinnlose Tod des Schülers muss ein Wendepunkt sein. Es muss eine unabhängige Untersuchung geben, wenigstens dieses eine Mal, wo es Beweise gegen die Polizei gibt. Präsident Duterte sollte zur Verantwortung gezogen werden.“

So weit wird es wohl nicht kommen. Aber immerhin hat sich der von Duterte-Freunden dominierte Senat entschlossen, am Donnerstag eine Untersuchung der jüngsten Erschießungen zu beginnen. So soll der Polizeichef vorgeladen werden, um die „unnötigen und ungerechtfertigten Tötungen“ zu erklären.

Derweil kommt Paolo Duterte, der Sohn des Präsidenten und Vizebürgermeister von Davao City, in Bedrängnis. Es geht um Schmiergelder in Millionenhöhe, damit Drogen aus China unkontrolliert den Zoll passieren können. Der Empfänger des Geldes ist ein Vertrauter Paolo Dutertes. Der Präsident erklärte, er trete zurück, wenn sein Sohn in Drogendeals verwickelt sei.

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