Arbeiterführer Rüttgers wieder abgewählt

Bundestagswahl schockiert die Landes-CDU: Kurz nach dem Regierungsantritt in Düsseldorf sind die Konservativen wieder zweite Wahl. SPD erneut stärkste Kraft in NRW. Landesvize Wittke hält an Kanzlerkandidatin Merkel fest

DÜSSELDORF taz ■ Die CDU ist wieder zweite Wahl in NRW. Knapp vier Monate nach ihrem Landtagswahlerfolg erreichten die Christdemokraten bei der Bundestagswahl am Sonntag nur 34,4 Prozent. Damit liegen die Konservativen klar hinter der NRW-SPD, die landesweit 40 Prozent der Stimmen gewann. Die NRW-Christdemokraten sind nicht nur hinter die SPD zurückgefallen, sondern fuhren auch das zweitschlechteste Bundestagswahlergebnis seit 1949 ein.

Im Gegensatz zu anderen CDU-Ministerpräsidenten war NRW-Regierungschef Jürgen Rüttgers die Enttäuschung über das schlechte Abschneiden seiner Partei bereits am Wahlabend anzusehen. Nach seinem triumphalen Sieg bei der Landtagswahl im Mai hatte Rüttgers noch erklärt: „Der Vorsitzende der Arbeiterpartei in Nordrhein-Westfalen bin ich.“ Diese Rolle musste er nun abgeben, die SPD liegt auch bei den Arbeitnehmern wieder weit vor den Konservativen. Mit Blick auf die schwierige Regierungsbildung in Berlin warnte Rüttgers davor, sich allein auf eine Koalition mit den Grünen und den Freidemokraten zu konzentrieren: „Man kann jetzt keine Tür zuschlagen.“

Obwohl Schwarz-Gelb bei der Bundestagswahl auch in NRW deutlich eine Mehrheit verfehlte, sehen führende Christdemokraten keine Auswirkungen auf die noch junge bürgerliche Koalition in Düsseldorf. „Das war eine Bundestagswahl mit ihren eigenen Gesetzen“, sagte CDU-Landesvize und NRW-Bauminister Oliver Wittke gestern zur taz. Im Vergleich zu anderen Ländern habe die NRW-CDU mit einem Minus von 0,7 Prozent die Verluste noch in Grenzen halten können. Trotz der Wahlpleite sprach sich Wittke weiter für Angela Merkel als Bundeskanzlerin aus. Sowohl eine Große Koalition als auch eine schwarz-gelb-grüne Zusammenarbeit müsse jetzt geprüft werden.

Vertreter des CDU-Arbeitnehmerflügels wendeten sich gegen eine so genannte „Schwampel“ mit FDP und Grünen. „Wir brauchen Vorfahrt für Arbeit, nicht Vorfahrt für Krötentunnel“, sagte Dennis Radtke, Chef des CDA-Nachwuchses in NRW, und sprach sich für eine Große Koalition aus. Radtke kritisierte den Bundestagswahlkampf von Kandidatin Merkel: „Mit Neoliberalismus kann man keine Wahlen gewinnen.“ Auch Landesarbeitsminister und CDU-Präsidiumsmitglied Karl-Josef Laumann attackierte gestern die CDU-Wahlkampfführung: „Die Partei war zu wenig für die Arbeitnehmer da.“ MARTIN TEIGELER

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