Portrait
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In Hamburgs Alltag eingetaucht: Stephan Roiss Foto: Benjamin Rizy

Der Stadtschreiber

Es muss ein bisschen wie im Mittelalter sein: Er wohnt zeitweise im Bergedorfer Schloss und tut nicht weniger, als Hamburg schriftstellerisch zu erkunden – fehlt also nur noch die Kutsche, und die Kulisse wäre perfekt.

Stephan Roiss ist seit einer Woche „Hamburger Gast“, also der neue Stadtschreiber Hamburgs. Seine Aufgabe: Drei Monate lang Hamburg von all seinen Seiten kennenlernen und ohne thematische Vorgaben darüber schreiben. Roiss war einer von 122 Bewerbern um den begehrten Stipendiumsplatz, den der Förderverein Kulturelle Initiativen jährlich ausschreibt.

Nun also geht’s für drei Monate aus dem beschaulichen österreichischem Ottensheim in die hanseatische Metropole. Und drei Monate bedeuten in dem Fall auch: Drei verschiedene Orte, die er jeweils einen Monat lang erkundet. Seine erste Residenz ist Bergedorf: Hier hat Roiss den August über ein Zimmer mit Schreibtisch im Schloss. Im September wird er dann im Schmidt-Theater auf St. Pauli unterkommen, bevor er im Oktober in der Kulturwerkstatt in Harburg residiert. Ganz schon viel Umziehen für drei Monate, könnte man meinen, aber so könne er verschiedenste Seiten Hamburgs kennenlernen, findet Roiss.

Die Großstadt ist Roiss aber nicht fremd. Schon in vielen Großstädten, darunter Berlin, habe er gelebt, erzählt er. Trotzdem unterscheide sich Hamburg von einigen anderen Metropolen: „Ich schätze die Internationalität Hamburgs sehr, das ist auch für eine Großstadt nicht selbstverständlich“, sagt der 34-Jährige. Die Hamburger hätten ihn „unaufgeregt und herzlich“ empfangen, sodass er gut in den Alltag der Stadt habe eintauchen können.

Außerdem wird ihm der Aufenthalt so genehm wie möglich gemacht: Seine Zimmer auf Zeit darf er mietfrei beziehen und er bekommt 1.500 Euro monatlich zur Verfügung gestellt. Er hat dafür einiges vor: So arbeitet er derzeit an einem Roman, der zwar die Zerwürfnisse einer österreichische Familie behandelt, aber teilweise auch in Hamburg spielen soll. All das neben einem Blog-Projekt. Hier möchte er spontan bleiben: „Ich werden den Blog mit dem füllen, was mir begegnet, also mit den Spotlights Hamburgs“, sagt er. Leon Kirschgens