piwik no script img

Knatsch zwischen Berlinund Hanoi hält an

Diplomatie Außenministerium bedauert die Ausweisung eines Mitarbeiters aus Deutschland

Vietnam legt Wert auf die strategische Partnerschaft zu Deutschland

BERLIN taz |Nach der Verschleppung eines ehemaligen Parteifunktionärs von Berlin nach Vietnam und der harschen Reaktion der Bundesregierung bemüht sich die Regierung in Hanoi um Schadensbegrenzung.

Eine Sprecherin des Außenministeriums sagte am Donnerstag auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz: „Vietnam legt immer großen Wert auf die strategische Partnerschaft mit Deutschland.“ Zugleich äußerte sie ihr „Bedauern“ über die deutsche Entscheidung, den obersten Statthalter des vietnamesischen Geheimdienstes in der Berliner Botschaft auszuweisen.

Die Bundesregierung hatte ihn am Mittwoch aufgefordert, Deutschland innerhalb von 48 Stunden zu verlassen. In diesem Zusammenhang räumte die Sprecherin erstmals ein, dass Deutschland behauptet, Trinh Xuan Thanh sei entführt worden. Wegen der Pressezensur hatten Medien in Vietnam bisher nur die vietnamesische Sicht wiedergegeben.

Demnach war Trinh Xuan Thanh nach Hanoi gereist, um sich freiwillig zu stellen. Die Sprecherin des Außenministeriums beharrte allerdings weiter auf dieser These. Seine Berliner Anwältin Petra Schlagenhauf streitet das vehement ab.

Trinh Xuan Thanh – ein Geschäftsmann und ehemaliger Funktionär der Kommunistischen Partei in Vietnam – war nach Informationen der Bundesregierung am 23. Juli gewaltsam von Agenten im Tiergarten unweit des Berliner Regierungsviertels in ein Auto gezerrt und verschleppt worden. In seinem Berliner Bekanntenkreis geht man inzwischen davon aus, dass er bewusstlos in ein osteuropäisches Land gefahren und von dort aus mit einer eigens gecharterten Sondermaschine nach Hanoi verbracht worden ist. Er war im Besitz eines gültigen Diplomatenpasses.

Am Donnerstag gegen 19 Uhr vietnamesischer Ortszeit wurde Trinh Xuan Thanh dann erstmals seit seiner Verschleppung im vietnamesischen Fernsehen präsentiert. Er war sichtbar abgemagert und gestresst und sprach davon, dass er sich in Deutschland versteckt habe, weil er Angst hatte. Nun hätte er sich aber gestellt.

Inwieweit dieses „Geständnis einer Freiwilligkeit“ erzwungen ist, muss Gegenstand von Spekulation bleiben. Auf Korruption in Millionenhöhe, was Thanh vorgeworfen wird, steht in Vietnam die Todesstrafe.

Am Donnerstag blieb nach Augenzeugenberichten die Konsularabteilung der Deutschen Botschaft in Hanoi geschlossen. Angeblich aus technischen Gründen, wie es auf Schildern am Eingang der Gebäude stand. Das Auswärtige Amt dementiert die Schließung. In der vietnamesischen Botschaft in Berlin-Treptow herrschte hingegen normaler Betrieb. Marina Mai

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen