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PortraitDer Journalistenaktivist

Will nicht nur beschreiben: Nikolas Migut Foto: Willem Konrad

Wen würden Sie wählen, wenn Sie obdachlos wären? Stimmt, wahrscheinlich niemanden. Genau das will Nikolas Migut mit dem Projekt Straßenwahl ändern. Um am 24. September an der Bundestagswahl teilzunehmen, muss man keinen festen Wohnsitz haben – es reicht, sich für ein Wählerverzeichnis registrieren und die Briefwahlunterlagen an eine soziale Einrichtung schicken zu lassen. Nur wissen viele Obdachlose nicht, wie das geht und wen sie dann überhaupt wählen sollen. Darüber aufzuklären, ist Miguts Ziel.

Migut und seine Frau sind die Vorsitzenden des Vereins Straßenblues, der das Projekt trägt. Wie es dazu kam, klingt fast ein bisschen zu idealtypisch, um wahr zu sein: Während ihre kleine Tochter Mittagschlaf gehalten habe, hätten die beiden am Küchentisch überlegt, was sie für die Demokratie tun könnten. Daraus sei das Straßenwahlprojekt entstanden. „Es war genau so“, beteuert der 39-Jährige. Er und seine Frau seien viel unterwegs, beide berufstätig, selten hätten sie Ruhe. „Wenn wir dann mal einen Moment haben, sprudeln die Ideen“, sagt er. Als freier Filmemacher und Videojournalist arbeitet er für verschiedene Redaktionen, hauptsächlich für den NDR.

Zum Journalismus kam Migut in Australien. Als er mit Anfang 20 acht Monate dort verbrachte, schrieb er jeden Tag Tagebuch. Nach drei vollgeschriebenen Büchern sei ihm klar gewesen, dass er Journalist werden will. Zum Thema Obdachlosigkeit brachte ihn eine Begegnung in der Berliner Bahnhofsmission, wo er für eine Reportage filmte. Plötzlich habe Alex vor ihm gestanden, ein obdachloser Mann, dem Migut in die Nacht folgte. Daraus entstand ein Kurzfilm. Zweieinhalb Jahre später machte sich Migut mit seiner Frau und Tochter auf, Alex zu suchen, um zu erfahren, was aus ihm geworden sei. Sie fanden ihn in Neumünster. Jetzt schreiben Alex und Migut zusammen ein Buch.

Migut versteht sich nicht nur als Journalist, sondern auch als Aktivist. „Immer nur einen Film nach dem nächsten zu machen, reicht mir nicht“, sagt er. Für das Straßenwahlprojekt wollen er und andere Mitglieder von Straßenblues mit Tablets in Obdachloseneinrichtungen gehen und per Wahl-o-mat über Wahlmöglichkeiten informieren.

Katharina Schipkowski

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