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Archiv-Artikel

Botswana: Ultimatum an Buschmänner

Bis Mitte dieser Woche sollen 200 Buschmänner ihr Reservat verlassen. Gehen sie nicht, kommt die Armee

„1995 baten Buschmänner um Umsiedlung – aus Angst vor Löwen und Hyänen“

BRÜSSEL taz ■ Die Regierung Botswanas hat rund 200 Buschmänner der Ethnien Gana und Gwi (Basarwa) aufgefordert, das Central Kalahari Game Reservat (CKGR) vor dem 22. September zu verlassen. Angaben von Survival International zufolge – einer Nichtregierungsorganisation, die sich weltweit für die Rechte von Ureinwohnern einsetzt – habe die Armee den Buschmännern gedroht, sie zu erschießen, sollten sie der Aufforderung nicht Folge leisten.

Dieser Zwischenfall ist der letzte einer tragischen Serie, die im Januar 2002 begann. Damals hatte die Regierung beschlossen, die Versorgung der Buschmänner mit Wasser, Nahrungsmitteln und Medikamenten einzustellen. Einige der Reservatsbewohner, die diesen Wüstenabschnitt als das Land ihrer Vorfahren betrachten, hatten bereits 1995 darum gebeten, umgesiedelt zu werden. Sie hätten sich von Löwen und Hyänen bedroht gefühlt, sagte der ehemalige Distriktkommissar von Gantsi, Geoffroy Serobolo. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Regierung den Basarwas angeboten, sie in den Lagern New Xade und Kaudwane am Rande des Reservats zu versorgen – mit der Begründung, dies sei im Reservat zu teuer. Daraufhin hatten sich einige hundert Buschmänner dort angesiedelt. Die Regierung argumentierte, dass sie den Buschmännern soziale Leistungen anbieten könnte – wie Bildung, medizinische Versorgung und eine Ausbildung. Gleichzeitig machte die Regierung kein Hehl daraus, dass sie in dem Reservat den Tourismus entwickeln wolle.

Nach Angaben von Survival seien nur dreißig Buschmänner im Reservat geblieben, jedoch 200 bis 250 wieder zurückgekehrt. Der Grund: Arbeitslosigkeit und Angst um den Erhalt ihrer Kultur. 2002 hatten mehr als 200 Basarwa die Justiz eingeschaltet, die noch nicht über ihren Verbleib entschieden hat. Bis heute erging kein Urteil.

Nicht zuletzt dieser Umstand löst bei Survival und den Anwälten der Basarwa Empörung über die Entscheidung der Regierung aus, die Basarwa zu vertreiben. Die könnten nicht beweisen, dass dieses Land ihren Vorfahren gehörte, sagt die Regierung. Zudem würden diejenigen Basarwa diskriminiert, die nicht ins Reservat zurückkehren könnten. Dies sei verfassungswidrig.

Survival wirft den Behörden vor, der Minengesellschaft Kalahari Diamonds Limited, die unter anderem von der Internationalen Finanzkooperation (IFC) der Weltbank finanziert wird, zu einer Konzessionen zu verhelfen. Bereits in den 80er-Jahren führte De Beers Probebohrungen in dem Reservat durch. Der südafrikanische Riese behauptet, dass es in der Umgebung der Bohrungen keine Buschmänner gebe. Bisher hätten die Resultate gezeigt, dass die dortigen Diamantenvorkommen wirtschaftlich nicht rentabel seien. Zudem würde derzeit nicht in den Minen gearbeitet.

Im vergangenen Juni hatte die Gruppe „First People of Kalahari“, in der ein Teil der Basarwa organisiert ist, wegen der Finanzierung der IFC einen Ombudsmann eingeschaltet. Dieser vermochte keinen Zusammenhang zwischen der Ausbeutung von Diamantenvorkommen und der Zwangsumsiedelung der Ureinwohner zu erkennen.

Im vergangenen Monat erklärte Kathleen Alexander, Veterinärmedizinerin an der Universität von Kalifornien, vor Gericht, dass die Fauna in dem Reservat durch dort lebende Menschen bedroht sei. Zudem hätten die Basarwa ihren Lebensstil geändert. Sie benutzen nicht mehr nur Pfeil und Bogen, sondern jagen mit Pferden, benutzen Speere und töteten mehr Wild, als zu ihrer Ernährung notwendig sei.

FRANÇOIS MISSER

Aus dem Französischen von Jakob Neu