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Übersetzen per Video

Verständigung Mega-Knast in Billwerder führt Video-Dolmetscher ein. Auf diese Weise soll die Kommunikation zwischen Bediensteten und Inhaftierten verbessert und beschleunigt werden

Kein wildes Gestikulieren mit den Händen mehr: In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Billwerder wird seit Anfang des Monats ein externer Video-Dienstleister eingesetzt, um die Kommunikation zwischen Gefängnispersonal und nicht deutschsprechenden Gefangenen zu verbessern.

In dem Megaknast mit 700 Insassen sind für ein einjähriges Pilotprojekt 13 Computerstationen mit Kamera, Bildschirm und Mikrofon eingerichtet worden. Von den Stationen aus können innerhalb weniger Minuten Dolmetscher des österreichischen Anbieters SAVD live zum Gespräch geschaltet werden. Der verfügt über ein Kontingent von 750 Übersetzern und kann 60 Sprachen abdecken. „Das ist ein ganz wichtiger Schritt“, sagte Justizsenator Till Steffen (Grüne) am Montag in der JVA Billwerder.

Gerade bei Haftantritt oder überraschender Untersuchungshaft haben Gefangene oft viele Fragen ebenso wie das JVA-Personal; zum Beispiel zu Berufsaus- und Schulbildung. Aber auch, um Familienverhältnisse und -angehörige ausfindig zu machen, Fragen zu Medikamente oder Erkrankungen. Oder auch um auf Gefahren wie Suizide reagieren zu können.

„Sprachlosigkeit erzeugt ein Gefühl von Ohnmacht und das kann zu Resignation oder Aggression führen“, sagte Steffen. Hauptaufgabe des Strafvollzugs sei den Gefangenen auf ein Leben nach der Haftzeit vorzubereiten. Dazu gehöre, dass man verstehe, welche Probleme den Gefangenen beschäftigen.

In der Vergangenheit hätten Inhaftierte ohne Deutschkenntnisse auch mal länger auf eine Übersetzung durch einen physisch anwesenden Dolmetscher warten müssen, erläutert Steffen. Die Gespräche werden live aber nicht simultan übersetzt und werden nicht aufgezeichnet oder gespeichert.

Verständigungsprobleme gebe es vor allem mit Untersuchungsgefangenen, sagte Anstaltsleiter Ullrich Quietzsch. Darum wurde im Untersuchungsgefängnis am Holsten­glacis ein weiterer Arbeitsplatz eingerichtet.

Die Linkspartei lobt das Projekt. „Grundsätzlich kann die Videoübersetzung nützlich sein, da sie eine direktere Kommunikation zwischen JVA Personal und Gefangenen vereinfacht“, sagt der justizpolitische Sprecher Martin Dolzer. „Auf keinen Fall darf die Methode aber dazu führen, dass bei vertraulichen Gesprächen zwischen Anwalt und Mandanten keine Dolmetscher mehr physisch hinzugezogen werden können.“ Kva

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