Aktuelles aus der Gefahrenzone
: Das wird ein Fest – zumindest für mich

Foto: Eva Häberle

Silke Burmester war sieben Jahre lang für die taz an der Medienfront im Einsatz. Mit dem G20 kommt das Übel nun vor ihre Haustür. Ein Grund, den Helm wieder aufzusetzen

Der G-kacken-Report

von Silke Burmester

Hallöchen, hallöchen, die Laune ist wieder besser. Das liegt daran, dass Gruner + Jahr, ein ehemals bedeutendes Verlagshaus, anlässlich des G20 eine große Kampagne für die Pressefreiheit gestartet hat. Und daran, dass heute „Hedonistisches Massencornern“ angesagt ist. „Cornern“, ein Ausdruck, den ich den älteren LeserInnen gern erklären will: Er bezeichnet das Herumsitzen mit Freunden an Straßenecken. Man redet und trinkt und sitzt herum. Das soll heute als Protest gegen den G20 stattfinden.

Und wenn der G20 die eine Sache ist, so ist das Vorhaben, „das Festival der Demokratie“, wie der Innensenator die zu erwartende Schutt-und-Asche-Veranstaltung nennt, inmitten eines Wohnviertels stattfinden zu lassen, etwas, das unbedingten Widerstand verlangt. Entsprechend habe ich Dutzende von Freunden und Bekannten angemailt, werde Kuchen backen, Bowle machen und gegen 18 Uhr Tisch und Stühle auf den Gehweg tragen. Das wird ein Fest! Zumindest für mich – falls niemand kommt und die Bowle und ich allein bleiben.

Ich hätte vielleicht noch in die Mail schreiben sollen, dass man sich möglichst farbenfroh kleidet, um nicht nach „Schwarzem Block“ auszusehen und gleich angegangen zu werden. Lustigerweise haben die MitarbeiterInnen des Spiegels diese Anweisung bekommen, damit sie ohne Schwierigkeiten an ihren Arbeitsplatz gelangen. Ansonsten scheint man da also entsprechend der Stimmung im Haus eher düster gekleidet zu sein.

Dunkle Gestalten gehen auch schon länger in einem Haus des Schanzenviertels ein und aus. Dort wurde der Dachboden ausgebaut, aber nie bezogen. Nur eben komische, nach Unauffälligkeit schreiende Herren schleichen dort rein und wieder raus. Die Hausbewohner vermuten in ihnen Scharfschützen oder Abhörexperten. Ich verstehe ja nicht, dass man da nicht mal klingelt. Hingehen und fragen. Kann doch nicht so schwer sein. „Ding, dong! Was machen Sie hier?“

Macht die Polizei doch auch. Kaum biegt ein Auto mit einem zugegebenermaßen ziemlich abgerockten Pferdetransporter in meine Straße ein, springen fünf Polizisten aus dem Nichts, um nach den Papieren zu fragen. Und im Zusammenhang mit dem Umstand, dass die Polizeirösser hier bereits alles vollkacken, bin ich umso froher, dass der Scheich abgesagt hat, der mit seinen Kamelen kommen wollte.

Der brasilianische Präsident, der letzte Woche abgesagt hatte, will nun doch anreisen. Heute hü, morgen hott. Ein wenig mehr Planungssicherheit würde ich mir schon wünschen. Schließlich dekorieren wir liebevoll das Viertel mit Transparenten. Morgen gibt es eine Nachttanzdemo. Ich hoffe, dass sie dann merken, dass wir uns wirklich auf sie freuen.