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Angriff auf Obamacare endet mit Rückzug

USARepublikaner finden keine Mehrheit im Senat und sagen Abstimmung zähneknirschend ab

WASHINGTON dpa | Trotz ihres jahrelangen Sturmlaufs gegen „Obamacare“ finden die US-Republikaner derzeit keine Mehrheit für ihr eigenes Modell der Krankenversicherung. Sie sagten am Dienstag eine für diese Woche geplante Abstimmung im Senat über ihren Gesetzentwurf ab. Damit ist unklar, ob die Partei eine zentrale Forderung von US-Präsident Trump aus dem Wahlkampf einlösen kann.

Nach einer weitgehend heimlichen Vorbereitung des Gesetzes sollte eigentlich bis Freitag abgestimmt werden. Nächste Woche haben die Senatoren rund um den Nationalfeiertag 4. Juli eine Woche Pause. Die Parteiführung befürchtet, dass den Senatoren in ihren Heimatstaaten im Sommer noch mehr Protest von Wählern entgegenschlägt, die um ihre Krankenversicherung fürchten.

Nach offiziellen Berechnungen würde ein 64-Jähriger bei einem Jahreseinkommen von 55.000 Dollar mit einem Beitrag von 20.500 Dollar dreimal so viel für die Versicherung bezahlen müssen wie bisher. Vor allem kleine und mittlere Einkommen sollen zur Kasse gebeten werden, Reiche dagegen noch Steuerentlastungen erfahren.

Am Montag hatte das Congressional Budget Office zum neuen Entwurf der Republikaner erklärt, durch ihn würden bis zum Jahr 2026 insgesamt 22 Millionen US-Bürger ihre Krankenversicherung verlieren. Dieser Bericht setzte die Senatsmitglieder weiter unter Druck.

Dem rechten Flügel der Republikaner geht das Gesetz nicht weit genug, wogegen Moderate es abmildern wollen. Das derzeitige Ringen zeigt aber nicht nur, wie ideologisch zerrissen die Partei ist. Versammeln sie schon hinter ihrem Herzensanliegen einer Abschaffung von „Obamacare“ keine eigene Mehrheit, stehen auch die anderen Großprojekte wie eine Steuerreform und Investitionen in die Infrastruktur in den Sternen.

Das Fenster für solche großen Vorhaben schließt sich bald: Spätestens im Winter beginnt der Wahlkampf für die „midterm elections“. Im Herbst 2018 werden ein Drittel des Senats und alle Abgeordneten neu gewählt. Die Demokraten hoffen dann auf Zugewinne.

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