piwik no script img

OFF-KINO

Off-Kino

Lars Penning

Filme aus dem Archiv– frisch gesichtet

Heldin von „Todos lo démas“, dem ersten Spielfilm der Mexikanerin Natalia Almada, ist eine Verwaltungsangestellte mittleren Alters: Nicht nur, dass sie mit ihrer Pedanterie auf dem Amt nervt, man merkt auch ihr den Stress an, den das Chaos des Lebens, die schwatzenden Menschen mit den falsch ausgefüllten Formularen, bei ihr anrichtet. Zu Hause scheint das Chaos noch fern: Von Almada in eine strenge Bildkadrage gesetzt, kann sie obsessiv Listen führen, die Bettdecke glattstreichen und die Hausschuhe ausrichten. Doch der Fernseher berichtet von Unglücken, Gewalttaten, schlechten Lebensbedingungen. Da ist es dann wieder, das Leben, das so ganz anders verläuft als die abgesteckten Bahnen, die die Protagonistin im Schwimmbad immer wieder betrachtet (OmEnglU, 22. 6., 20 Uhr, Arsenal).

Der Klang der Großstadt: Autos, Verkehr, Menschen. Der Taktgeber: ein Schutzpolizist als souveräner Dirigent. In Joe Mays Melodram „Asphalt“ (1928) gerät das Weltbild des naiven Schupos jedoch ins Wanken, als er sich in eine Juwelendiebin verliebt und in deren Aktivitäten verstrickt wird. Beeindruckende Atelierbauten mit ganzen Straßenzügen eines fiktiven Berlins geben die Kulisse ab für die Konfrontation eines kleinbürgerlichen Lebens mit der zeitgenössischen Modernität (28. 6., 19.30 Uhr, Arsenal 2).

Von „Asphalt“ ist es nicht mehr weit bis zum amerikanischen Film noir, wie ihn Robert Siodmak mit „The Killers“ (1946) drehte: ein fatalistisches Werk um einen Mann, dessen Leben durch eine Femme fatale verpfuscht wurde und der nun reglos darauf wartet, von zwei Auftragsmördern erschossen zu werden (OmU, 24. 6., 21 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

Die 2009 verstorbene Hamburger Künstlerin Hanne Darboven war seit den 60er Jahren die bedeutendste Vertreterin der Minimal Art und Konzeptkunst in Deutschland; berühmt wurde sie mit nach einer eigenen Systematik erstellten, hand- und maschinengeschriebenen Zahlenkolonnen, die ganze Ausstellungsräume einnehmen. Im Dokumentarfilm „Timeswings – The Art of Hanne Darboven“ lässt Regisseur Rasmus Gerlach Mitarbeiter und Freunde von ihren Beziehungen zur Künstlerin erzählen: ein anekdotisches Porträt, das auf norddeutsch-unterhaltsame Art einen Einblick in die spröde Persönlichkeit der Künstlerin gibt, die vor allem im Geist ihres Bauernhauses in Harburg präsent ist, das immer noch vollgestopft ist mit Trödel, Geschenken und Reiseandenken, die zu Darbovens Art des Begreifens von Zeit und Welt dazugehörten (22.–27. 6., 15.45 Uhr, Hackesche Höfe).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen