: Glaube angezweifelt
Religions-Bekenntnis
Kann man Geflüchteten, die in Deutschland plötzlich an Gott statt an Allah glauben wollen, einfach glauben, dass sie das ernst meinen? Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hat da Vorbehalte. Schließlich könnte das Glaubensbekenntnis vorgeschoben sein, um einer Abschiebung aus dem Weg zu gehen. Der evangelische Theologe fordert die Gemeinden in der Landeskirche Hannover deshalb auf, die Taufbegehren von Geflüchteten zu prüfen. „Missbräuchliche, erschlichene Taufen können nicht geduldet werden“, sagte er der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.
Und obwohl Meister gegenüber der taz betont, dass nicht alle Geflüchteten, die sich taufen lassen wollten, unter Generalverdacht gestellt werden dürften und die Mehrheit der Taufwilligen ein „ehrliches Interesse“ hätte, da es in ihrem Heimatland nicht möglich sei, Christ zu werden, löst er mit seiner Aussage eine kritische Diskussion aus.
Der niedersächsische Flüchtlingsrat findet, dass der Landesbischof „ohne Not eine Debatte über religiöse Bekenntnisse“ eröffne. „Ich hätte mir gewünscht, dass Ralf Meister sich stattdessen mit der Nordkirche gemein macht und einen Abschiebestopp nach Afghanistan fordert“, sagt Flüchtlingsrat-Geschäftsführer Kai Weber.
Auch der grüne Landtagsabgeordnete Belit Onay kritisiert den Vorstoß Meisters. Schon jetzt herrsche in der Gesellschaft eine große Skepsis vor, wenn es um die Fluchtgründe von Menschen gehe, die in Deutschland Schutz suchten. Die Zweifel an den Beweggründen für die Taufe könne dies noch verstärken.
Die CDU-Fraktion unterstützt hingegen den Landesbischof: „Unter Asylbewerbern hat sich hier und da herumgesprochen, dass Abschiebungen von Konvertiten vor unseren Verwaltungsgerichten scheitern können“, sagt Fraktionschef Björn Thümler. Dass sich die Kirchen die Lebenssituation der Geflüchteten anschauten, sei richtig, um einschätzen zu können, wer nur Christ werde wolle, um zu bleiben. rea
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