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Kaum Touristen in Jordanien

Das Königreich ist Nachbar des Bürgerkriegslands Syrien und bietet gut 700.000 Menschen Zuflucht. Die Touristenzahlen haben sich hingegen seit 2010 halbiert

„Die Menschen haben nach alldem, was sie aus Syrien hören, Angst, hierher zu reisen“

Ghassab B’doul, Reiseveranstalter

Es ist dunkel in Petra. Nur der Schein des Lagerfeuers lässt noch erahnen, was für eine Kulisse sich hier versteckt hält. Ghassab Al B’doul hat es sich auf einer dünnen Matte vor seiner Höhle bequem gemacht, in die er immer wieder abenteuerlustige Touristen für eine Nacht einquartiert – mit Ausnahmegenehmigung der Behörden. Der hoch gewachsene Beduine mit der drahtigen Gestalt ist in der berühmten Felsenstadt geboren, die einst von den Nabatäern in den Sandstein gemeißelt wurde und in der später auch Zivilisationen wie Römer, Griechen und Byzantiner ihre Spuren hinterließen.

Noch bis in die 80er Jahre lebte sein Stamm in den Höhlen der Schlucht. Doch als immer mehr Menschen von außerhalb der Schönheit des Ortes verfielen und der Tourismus wie nie zuvor voran getrieben wurde, mussten die Beduinen weichen und in eine im Eiltempo hochgezogene Siedlung im Umland ziehen.

Viele Mitglieder des B’doul-Clans haben sich mit der Situation irgendwie arrangiert. Sie verkaufen Souvenirs, verleihen ihre Esel, die hier in dem schroffen Gelände das beste Fortbewegungsmittel sind, oder führen die Touristen zu Fuß zu den schönsten Orten des mehr als 250 Quadratkilometer großen Areals. Einige der Beduinen arbeiten auch im angrenzenden Ort Wadi Musa, in dem in den vergangenen Jahrzehnten Hotel um Hotel gebaut wurde, wenige sind noch als reine Viehhirten unterwegs.

Doch seit dem Krieg im Nachbarland Syrien und im Irak laufen die Geschäfte schlecht. „Die Menschen haben nach alldem, was sie aus Syrien hören, vielleicht Angst, hierher zu reisen“, mutmaßt Ghassab B’doul. Man braucht nur auf die Landkarte zu schauen und versteht: Jordanien ist nahe dran am Bürgerkrieg. Mehr als 20 Jahre hat B’doul in seinem Leben in Deutschland verbracht, unter anderem als Student in Würzburg, was seinem Deutsch eine dezent bayerische Note verliehen hat.

Zwischen 2010 und 2017 halbierte sich die Zahl der Besucher in Petra, der bedeutendsten Sehenswürdigkeit des Landes, von rund 910.000 auf rund 460.000. Eine extrem schwierige Situation für den Tourismussektor, der nach dem Phosphatexport der zweitgrößte Devisenbringer des Landes ist. Während viele Hotelbetten und Restauranttische leer bleiben, laufen die Geschäfte von Ghassab B’doul vergleichsweise gut, oder um in seinem Wortlaut zu bleiben: „Basst scho.“

Er hat sich seine Nische gesucht, spricht mit seinen Trekking-, Kletter- und Yogatouren vor allem den Teil der Urlauber an, der etwas Außergewöhnliches in einem außergewöhnlichen Ambiente erleben will. Viele seiner Gäste sind Weltenbummler, die sich in dem Land schon gut auskennen und wissen, wie sicher dieser Teil der Welt eigentlich ist.

Doch nach wie vor liegt das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Jordanien mit etwas mehr als 5.000 US Dollar weit unter dem vieler Länder im Süden der Arabischen Halbinsel. Das Land könnte ohne Überweisungen von jordanischen Gastarbeitern in den Golfstaaten und massiven Finanzhilfen Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate nur schwer überleben

Sanfte Gegenmaßnahmen haben den Besucherschwund nicht aufgehalten. Die Erhöhung des Werbebudgets, kleine Nachlässe bei den Gebühren an den Flughäfen und den Eintrittspreisen einiger Attraktionen haben kaum Wirkung gezeigt. Wie in Petra werden auch in der zweit wichtigsten Attraktion des Landes, dem Wadi Rum, immer weniger Touristen gezählt, ähnliche Berichte kommen aus Aqaba, dem Küstenstädtchen am Roten Meer, das vor allem bei Tauchern und Strandfreunden beliebt ist. In Wadi Rum, in dem vor hundert Jahren Lawrence von Arabien wandelte, halbierte sich die Zahl der Besucher wie in der Felsenstadt Petra in gerade einmal vier Jahren.

Holger Vieth

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