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Trotz Skandal frohe Aktionäre

DIESELGATE II Der VW-Vorstand betont auf der Hauptversammlung: Die Kunden seien mit der Umrüstung ihrer Fahrzeuge zufrieden. Doch nicht alle halten die Probleme für gelöst

„Die Aufarbeitung ist nur unzureichend erfolgt“

Hans-Christoph Hirt, Hermes

HANNOVER taz | Er ist nur mit einer Handvoll Demonstranten auf den Europaplatz in Hannover gekommen. Doch hinter Hartmut Bäumer stehen 25.000 Menschen. Der ehemalige Richter und Ex-Amtschef des Verkehrsministeriums in Baden-Württemberg klagt gegen Audi. Seine Forderung: Der Volkswagen-Konzern soll seinen Audi A4, einen Diesel, zurücknehmen und ihm Schadensersatz zahlen, weil die Abgaswerte manipuliert wurden.

Es ist eine Pilotklage vor dem Landgericht Berlin. Im Sommer sollen 25.000 Kläger folgen. Bäumer, in der Hand ein Plakat mit der Aufschrift „Gerechtigkeit im VW-Abgasskandal“, blickt auf die Messehalle. Dort findet gerade die Hauptversammlung des Konzerns statt. „Wir kommen uns vor wie Bürger zweiter Klasse“, sagt er.

Im Gegensatz zu den USA nimmt Volkswagen in Deutschland bisher keine Fahrzeuge zurück, sondern hat bisher rund 1,7 Millionen Autos meist mithilfe eines Software-Updates umgerüstet, damit der Schadstoffausstoß geringer ist. Doch Bäumer reicht das nicht. Die Stickoxidwerte seien auch danach noch zu hoch, sagt er. „Es geht uns nicht ums Geld, sondern um Gerechtigkeit.“

Doch über finanzielle Entschädigungen für Dieselkunden in Deutschland wollen die Vertreter des Aufsichtsrates und des VW-Vorstandes im großen Saal nicht sprechen. Im Gegenteil: Matthias Müller, der VW-Vorstandsvorsitzende, betont, dass die Kunden mit der „technischen Umrüstung zufrieden“ seien. „Nur sehr wenige haben sich nach dem Update mit einer Rückfrage an uns gewandt“, so Müller. Doch wie sollten Autobesitzer auch selbst den Schadstoffausstoß überprüfen?

Auch die Frage, wer im Vorstand wann etwas über den Betrug wusste, bleibt unbeantwortet, obwohl die von VW beauftragte US-Kanzlei Jones Day ihre Ermittlungen weitgehend abgeschlossen hat. „Einen Abschlussbericht wird es nicht geben“, sagt Hans Dieter Pötsch, der Vorsitzende des Aufsichtsrats, unmissverständlich. „Wir müssen alles tun, um weitere Schäden vom Unternehmen abzuwenden.“

Lieber schaut VW auf die Zahlen. Denn trotz des weltweiten Skandals hat der Konzern rund 4 Prozent mehr Autos verkauft, insgesamt waren es 10,3 Millio­nen. Über die steigende Dividende freuen sich auch die Aktionäre im Saal. Trotzdem wollen einige den Vorstand und den Aufsichtsrat nicht entlasten. Der Abgasskandal sei noch lange nicht ausgestanden, sagt Jens Hilgenberg vom Dachverband kritischer Aktionäre. „Jeden Tag kommen von VW Hunderte fabrikneue Euro-6-Diesel auf unsere Straßen, die ihre gesetzlichen Stickoxidgrenzwerte nur im Labor einhalten.“ VW müsse gewährleisten, dass Neuwagen den Anforderungen entsprächen – oder die Autos wie in den USA zurückkaufen.

Auch Hans-Christoph Hirt will den Vorstand nicht entlasten. „Die Aufarbeitung der Dieselthematik ist nur unzureichend erfolgt“, sagt der Manager des britischen Pensionsfonds Hermes. Nur durch eine Veröffentlichung der Ergebnisse könne verlorenes Vertrauen bei den Kunden und Aktionären zurückgewonnen werden.

„Jede Aufklärung wurde beerdigt“, sagt auch Jörn Kleffel frustriert, der in roter IG-Metall-Jacke vor der Tür protestiert. Er arbeitet seit 20 Jahren als Montagewerker bei VW-Nutzfahrzeuge in Hannover. Dass die Führungsetage des Konzerns nichts von dem Betrug gewusst habe, sei unglaubwürdig. Statt diese zur Verantwortung zu ziehen, werde der Skandal aber auf die Arbeiter abgewälzt. „Wir kriegen einen geringeren Bonus und die Leiharbeiter fliegen raus“, sagt Kleffel. „Das macht uns wütend.“ Andrea Scharpen

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