: Relegation gegen Radkappen
finale Was für den Erstligisten VfL Wolfsburg zwei unerfreuliche Extra-Runden sind, ist für Eintracht Braunschweig die Chance, den ungeliebten Nachbarn auszubremsen und in die Zweite Fußball Bundesliga zu schicken
Das Rudern mit den Armen, zu dem die Spieler immer wieder ansetzten, sollte den erhofften Sturmlauf unterstützen und ein Wunder ermöglichen. Es war sehr schwungvoll, was Eintracht Braunschweig im letzten herkömmlichen Heimspiel der Zweiten Fußball-Bundesliga zu bieten hatte. Aber der 2:1 (2:1)-Erfolg gegen den Tabellenletzten Karlsruher SC reichte in dieser Höhe nicht, um Hannover 96 den direkten Aufstieg in die Erste Liga noch streitig machen zu können.
Trotzdem war am Sonntag vor 22.000 Zuschauern im Braunschweiger Stadion ein besonderes Knistern zu spüren. Denn die Vorfreude der Eintracht auf zwei Relegationsspiele gegen den Erstligisten VfL Wolfsburg setzt neue Kräfte frei. Der Wettstreit mit dem ungeliebten Nachbarn lässt vergessen, dass Braunschweig den eigenen Aufstieg zuletzt mit einem 0:6 bei Arminia Bielefeld verspielt hat.
Während der VfB Stuttgart und Hannover 96 mit dem direkten Wiederaufstieg ihre Ziele erreicht haben, geht Eintracht Braunschweig einen Umweg. Der Verein wird wie sein Widersacher aus Wolfsburg vom Volkswagen-Konzern finanziert. Und angesichts der starken regionalen Rivalität zwischen Grün-Weiß und Blau-Gelb muss man kein Hellseher sein, um vorauszusagen, dass zwei ganz und gar nicht normale Begegnungen anstehen. Am Donnerstag (20.30 Uhr) steht die erste Partie in Wolfsburg an. Am Montag darauf folgt zur gleichen Anstoßzeit das Rückspiel in Braunschweig. Was Wolfsburgs Stürmer Mario Gomez zwei unerfreuliche Extra-Runden nennt, ist für Eintracht Braunschweig die große Chance, einen ungeliebten, weil sehr großzügig alimentierten Nachbarn auszubremsen.
In der VW-Loge, die es im Braunschweiger Stadion natürlich gibt, saß beim Eintracht-Heimspiel am Sonntag der Wolfsburger Cheftrainer Andries Jonker, der vor Ort miterleben wollte, was ihn und seine Mannschaft erwartet. Der Niederländer bleibt erstaunlich selbstbewusst und der festen Überzeugung, dass sich der VfL noch retten kann. Aber er führt ein Team an, dessen Moral zuletzt arg gelitten hat und das in psychologischer Hinsicht nur verlieren kann.
Im Braunschweiger Stadion und im Umfeld dieses traditionsbewussten Vereins ist zu spüren, woraus Hoffnung geschöpft wird. Gegen die Radkappen, so wird die VfL Wolfsburg Fußball GmbH als Tochter von VW spöttisch betitelt, sollen alle Kräfte mobilisiert werden. Die Braunschweiger Tore gegen Karlsruhe schossen Domi Kumbela (2. Minute) und Julius Biada (34.). Sie wurden frenetisch bejubelt und fühlten sich wie ein mentales Aufwärmprogramm für etwas an, das die Braunschweiger Vereinschronik um ein besonderes Kapitel erweitern kann. Christian Otto
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