: Das 100-Euro-Haus
Jan Fritsche, 27, vermisst nichts beim Wohnen in Le-Mentzels Tiny House
Ich wohne seit dem 10. März in diesem Haus, und ich will versuchen, ein Jahr lang hier zu bleiben. In Hongkong, da habe ich zum Beispiel vier Monate lang auf vier Quadratmetern gewohnt. Ich fand es interessant, dass sich die Leute dort immer eher für einen Schuhkarton in der Innenstadt entscheiden würden als für ein bisschen mehr Platz weiter draußen. Also auch Leute, denen es ökonomisch sehr gut geht. Platz hat dort einen geringeren Wert als hier. Aber natürlich gibt es auch Leute, die gar nicht anders können, die einfach prekär leben.
Hier habe ich 6,4 Quadratmeter zur Verfügung. Ich finde es sehr gemütlich. Die hohen Decken sorgen für ein schönes Raumgefühl. Durch die großen Fenster kommt viel Licht rein. Und oben auf dem Hochbett: das ist eine schöne Rückzugsmöglichkeit.
Ich muss mich nicht einschränken, denn ich verbringe ohnehin wenig Zeit zu Hause. Dadurch ist mein Alltag gar nicht so sehr von meiner Wohnung abhängig. Ich schlafe zu Hause, arbeite sitzend am Tisch und ab und zu koche ich. Mehr nicht. Sonst bin ich viel unterwegs. Also stört es mich nicht, dass ich meine Klamotten anderswo waschen muss, weil ich hier keine Waschmaschine habe.
Zum Kochen benutze ich eine Kochplatte, und wenn ich einen zweiten Kochtopf brauche, koche ich meistens seriell. Ich habe auch keinen Kühlschrank. Hier ist ein Supermarkt um die Ecke, der immer bis 22 Uhr geöffnet hat. Ich esse einfach gleich auf, was ich gekauft habe.
Ich kann nicht sagen, dass ich etwas vermisse. Weil ich in den letzten vier, fünf Jahren alle sechs Monate umgezogen bin, habe ich nicht viele Sachen. Alles passt rein: Kaum Klamotten, zwei Anzüge, ein Satz Hemden. Keine Fotos, Briefe, DVDs, CDs und weniger als sechs Bücher. Aber es könnte auch noch weniger sein.
Ich bin hier eingezogen, weil ich dafür bin, dass es viel mehr erschwingliche, leicht zugängliche Wohnungen in der Innenstadt geben muss. 100 Euro im Monat, das wär's doch, oder? Aber ein Fan von Tiny Houses bin ich nicht, denn ich finde nicht, dass Häuser mobil sein müssen. Außerdem ist es nicht effizient, dass das Haus so viel Außenwand hat und keinen Anschluss an die Kanalisation.
Protokoll Susanne Messmer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen