Innenministerium erteilt panisch Ausbildungszusagen

Status Die Praxis der Einstellung von PolizeischülerInnen in Schleswig-Holstein war im vergangenen Jahr verfassungswidrig, weil sie dem Prinzip der Bestenauslese widersprach

Das Auswahlverfahren für den Polizeinachwuchs in Schleswig-Holstein war 2016 in großen Teilen rechts- und verfassungswidrig. Das hat der wissenschaftliche Dienst des Kieler Landtags nun dem Fraktionsvorsitzenden der Piraten-Partei, Patrick Breyer, bestätigt. Er hatte im August vergangenen Jahres nach einem Tipp aus der Polizei aufgedeckt, dass es bei der Auswahl von 400 PolizeianwärterInnen zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Dabei ist gegen die „Bestenauslese“ im Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und somit gegen das Grundgesetz verstoßen worden.

Wegen der Konkurrenz um LehrstellenbewerberInnen ist es für die Polizei schwerer als früher, geeignete AnwärterInnen für den Polizeidienst zu finden. Mangels BewerberInnen konnte Schleswig-Holstein die selbst gesetzte Marge an Nachwuchs nicht immer erfüllen.

Zum 1. August 2016 und zum 1. Februar 2017 sollte mit 400 Nachwuchskräften dem demografischen Wandel bei der Landespolizei begegnet werden. Da die Bewerbungsfrist lange dauert und um sie bei der Stange zu halten, gab die Landespolizeischule Eutin 53 BewerberInnen bereits Ende 2015 eine Zusage, die nach erfolgter Polizeiausbildung immerhin in eine Beamtenlaufbahn mündet.

Ein Fehler, denn am Ende der Bewerbungsfrist hatten sich weit mehr BewerberInnen für die Polizeiausbildung gemeldet, als Plätze vakant waren. Der Dienstherr ist aber verpflichtet, die BewerberInnen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu bewerten. Ein/e besser qualifizierte/r BewerberIn darf nicht nur nicht übergangen werden, sondern kann sogar vor dem Verwaltungsgericht mit einer Korrekturklage die Einstellung erzwingen.

Um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, stellte Innenminister Stefan Studt (SPD) die 400 per Bestenauslese ermittelten BewerberInnen ein – und zusätzlich die 53, die verfrüht eine Einstellungszusage erhalten hatten, aber weniger qualifiziert waren. Ein Prozedere, das nach Einschätzung des wissenschaftlichen Diensts „nicht in Übereinstimmung mit dem Prinzip der Bestenauslese steht“ und mit der Verfassung nicht vereinbar ist.

„Die Entscheidung des Ministers verstieß nicht nur gegen das Grundgesetz, sondern war auch gefährlich“, sagt der Pirat Breyer: Bei der Polizei sollten nur die Besten genommen werden, „sonst droht im Extremfall eine Wiederholung des Eutiner Polizeiskandals“, warnt Breyer. 2014 waren mehrerer PolizeischülerInnen wegen rechtsradikaler Tendenzen und Sexismus aufgefallen. Kai von Appen