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Reiner Wandler über einen Korruptionsskandal in KatalonienVorbei mit der sauberen Oase

Ein Nationalsymbol fällt. Die Familie des einstigen Präsidenten Kataloniens, Jordi Pujol, ist im Visier der Justiz. Pujol und seine sieben Kinder haben ein riesiges Vermögen im benachbarten Steuerparadies Andorra geparkt und haben jetzt Schwierigkeiten, zu erklären, woher das viele Geld kommt. Vorbei ist es mit der Oase – wie Katalonien gern genannt wurde, weil es dort, anders als im restlichen Spanien, keine großen Skandale gab.

Wenn sich die Vermutung der Ermittlungsbehörden bestätigt, erinnert das, was in Barcelona und Umland passierte, nur allzu stark an die Skandale in Regionen wie Madrid, Valencia oder Murcia. Partei und Regierungsmitglieder ließen sich öffentliche Aufträge vergolden.

Warum die Presse nie ordentlich nachforschte, obwohl es sowohl in Katalonien als auch in Madrid seit mehr als zehn Jahren ein offenes Geheimnis ist, dass Kommissionen bezahlt und Gelder veruntreut werden, dafür gibt es eine einfache Erklärung: Die Werbung. Autonomieregierungen, Stadtverwaltungen und öffentliche Unternehmen gaben Millionenbeträge für Kampagnen aus. So manche Zeitung finanzierte sich darüber. Die Redak­tio­nen wussten nur zu gut, was als Gegenleistung erwartet wird. Und die Politik schaute ebenfalls weg. Du weißt nichts von dem, was ich tue, und ich übersehe, was du tust, war jahrzehntelang das Motto, bis die Korruption allzu stark zum Himmel stank und die Bestrebung der Katalanen nach einem eigenen Land den Konsens brach.

Der Fall der Familie Pujol wird schweren Schaden anrichten. Denn sollte sich auch nur ein Teil dessen bestätigen, was die Ermittlungsbehörden vermuten, wer soll dann noch glauben, dass ein unabhängiges Katalonien unter den Eliten, die in der Zeit Pujols heranwuchsen, besser und demokratischer ist als Spanien?

Der Pujol-Skandal lässt nur einen Schluss zu – und das schmerzt zutiefst in Zeiten der Unabhängigkeitsbestrebungen: Katalonien ist ganz einfach Spanien.

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