: Fairer handeln
Dreigliederung In München erkunden Waldorfschüler alternative Wirtschaftsformen
Rudolf Steiners Theorie der sozialen Dreigliederung zufolge besteht die Gesellschaft aus drei Bereichen, die sich selbst verwalten sollen. Jedem ist eine der Säulen der französischen Revolution als Ideal zugeordnet: das Geistesleben, das Kultur, Bildung, Wissenschaft und Religion umfasst, strebt nach Freiheit. Das Rechtsleben hat die Gleichheit als Ziel. Zum Wirtschaftsleben gehört die Brüderlichkeit. In den beiden ersten Bereichen haben sich Steiners Ideen heute in vielerlei Hinsicht erfüllt: Wir sind frei in unseren kulturellen und geistigen Entscheidungen, und vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich. Auf das Wirtschaftsleben trifft das nicht zu: Solidarität und Brüderlichkeit sind hier zumeist ein Fremdwort, stattdessen konkurriert jeder mit jedem.
„Viele junge Leute haben Fragen an die Wirtschaft aufgrund der herrschenden Ungerechtigkeiten“, sagt Klaus Weißinger, Oberstufenlehrer an der Rudolf-Steiner-Schule Ismaning und Mitinitiator der Werkstatt „Wirtschaft anders denken“, die seit 2010 jedes Jahr hier stattfindet. Dafür kommen 300 Schüler aus elften und zwölften Klassen verschiedener Waldorfschulen zusammen, um sich mit Fachleuten auszutauschen. „Es ist wichtig, dass sich Waldorfschüler mit solidarischen Wirtschaftsformen auseinandersetzen und die Idee der Dreigliederung des sozialen Organismus gedanklich durchdringen“, so Weißinger. In einem Wirtschaftsspiel wird am Beispiel eines fiktiven Wochenmarkts erforscht, wie es wäre, wenn Produzenten, Konsumenten und Händler sich gegenseitig wahrnehmen und austauschen würden, anstatt ausschließlich eigene Interessen zu verfolgen. KBH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen