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Archiv-Artikel

Aufklärung nur im kleinen Kreis

VERFASSUNGSSCHUTZ Innensenator Henkel will nur hinter verschlossenen Türen über Fragen zu V-Mann Thomas S. sprechen. Opposition ist empört. Bericht des Sonderermittlers bis Ende Dezember

Schon vor sieben Wochen hatten Grüne und Linke einen umfänglichen Fragenkatalog zum Umgang der Berliner Behörden mit dem V-Mann Thomas S. und dessen Kontakten zur Terrorzelle NSU eingereicht. Es wurde damit gerechnet, dass Innensenator Frank Henkel (CDU) am Montag im Innenausschuss noch offene heikle Punkte klären würde – und zwar vor Publikum und Presse. Henkel indes weigerte sich. Nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit wolle er sich äußern, sagte er.

Die Innenpolitiker von Grünen, Linkspartei und Piraten reagierten empört. In der folgenden hitzigen Debatte ging es um zwei Fragen: Hat ein V-Mann wie Thomas S., der längst enttarnt ist, Anspruch auf Geheimhaltung? Eine entsprechende Zusage war S. 2001 gegeben worden, als er in die Dienste des Landeskriminalamts (LKA) trat. Ja, meint Henkel. Die V-Person S. sei massiv gefährdet, pflichtete ihm die amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers bei. Die Innenpolitiker der Opposition sagen, S. habe keinen Anspruch auf Anonymität. Das Interesse der Öffentlichkeit an Aufklärung habe Vorrang. Wenn S. gefährdet sei, müssten ihn die Sicherheitsbehörden eben schützen.

Die zweite Frage ist grundsätzlicher Natur: Was für ein Verständnis hat der Innensenator von der Aufarbeitung des NSU-Skandals? „Das LKA hat elf Jahre lang einen V-Mann beschäftigt, der nicht nur in der rechtsextremen Musikszene verkehrte, sondern sich ganz nah im Umkreis des Terrornetzwerks NSU aufgehalten hat“, so Udo Wolf (Linke). Thomas S. hatte der Berliner Polizei 2002 Hinweise auf das untergetauchte Terrortrio gegeben, die aber nicht weitergeleitet worden waren.

Alte Akten gesichtet

Henkel bekräftigte am Montag seinen Willen zur Aufklärung, indem er auf den Einsatz des Sonderermittlers Dirk Feuerberg verwies. Der Oberstaatsanwalt hat den Auftrag, alle Erkenntnisse über den Vorgang Thomas S. zusammenzutragen. Feuerberg habe zahlreiche Ermittler von damals befragt und alte Akten eingesehen, sagte Henkel. Er gehe davon aus, dass Feuerberg bis Ende Dezember einen Bericht vorlegen werde. Auch die Polizei hat eine Ermittlungsgruppe gegen rechts eingerichtet. Wie Koppers am Montag sagte, gehen die Ermittler der Frage nach, was mit den Infos von Thomas S. beim LKA geschah.

Genau da setzt die Kritik an: Längst wisse man, dass ein mit Klarnamen bekannter hoher Beamter des LKA daran beteiligt war, dass die Informationen von S. nicht an die nächsthöhere Stelle weitergeleitet wurden, sagte Wolf. „Was folgt daraus?“ Über die Konsequenzen müsse das Parlament öffentlich diskutieren – und nicht hinter verschlossenen Türen. PLUTONIA PLARRE