Ulrike Herrmann über angeklagte Banker: Zu blöd für ihren Job
Es war eines der größten Verlustgeschäfte in der Bankengeschichte: Im Juli 2007 kündigte die Hypo Real Estate (HRE) an, dass sie ein irisches Institut namens Depfa übernehmen würde. Schon zwei Monate später wurde klar, dass die neue Tochter faktisch pleite war. Am Ende musste der Steuerzahler die HRE retten – und blieb auf einem Schaden von etwa7,5 Milliarden Euro sitzen.
Dieser Wahnsinn hat ein Gesicht: Der damalige HRE-Chef hieß Georg Funke, und gegen ihn läuft nun ein Strafprozess in München. Allerdings ist längst nicht ausgemacht, dass Funke verurteilt wird. Denn bisher sind alle Versuche gescheitert, die Finanzkrise juristisch aufzuarbeiten. Die meisten Gerichtsverfahren gegen Exbanker endeten mit Freisprüchen.
Auch Funke dürfte höchst glimpflich davonkommen, denn die Staatsanwälte bescheiden sich damit, auf Bilanzfälschung zu plädieren, was mit maximal drei Jahren Haft geahndet wird. Von Untreue oder Betrug ist nicht mehr die Rede, was weitaus größere Verbrechen wären. Denn es lässt sich nicht beweisen, dass die Milliardenschäden vorsätzlich herbeigeführt wurden – und Dummheit allein ist nicht strafbar.
Obwohl die Prozesse bisher mild endeten, waren sie Bankrotterklärungen für die Banker. Ihnen wurde nämlich amtlich bescheinigt, dass sie zu blöd für ihren Job sind – und deswegen nicht haftbar.
Das Strafrecht eignet sich nicht, um Finanzkrisen nachträglich aufzuarbeiten. Stattdessen sollte man auf Vorsorge setzen und verhindern, dass Banker große Schäden anrichten. Die zentrale Idee wäre schlicht: Die Banken müssten ausreichend Eigenkapital besitzen, um Verluste abzufangen.
Doch passiert ist bisher nichts. Die Banken halten ihre Gewinne nicht etwa zurück, um das Eigenkapital zu stärken – sondern zahlen weiterhin Boni an ihre Topmanager. Die Bankmanager mögen offiziell zu dumm sein, um eine Krise vorherzusehen – aber Lobbyarbeit, das können sie.
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