Die Wahrheit: Der Tag der grünen Schlipse

Der irische Premier war mit dreiblättrigen Kleeblättern bei Trump – ein einblättriges hätte gereicht, um ihm das Prinzip Einfältigkeit zu erklären.​

Die Rache wird seinem Nachfolger noch lange zu schaffen machen. Irlands blasser Premierminister Enda Kenny hat vorigen Freitag, amSt. Patrick’s Day,bei seinem Besuch im Weißen Haus Donald Trump nach Irland eingeladen.

Kenny selbst wird das nicht mehr erleben, jedenfalls nicht als Premierminister. Seine eigene Partei hatte ihm Ende Februar ein Ultimatum gestellt: Geh freiwillig, oder du wirst mit einem Tritt aus dem Amt befördert. Er willigte ein – unter der Bedingung, dass er zum Abschied den irischen Nationalfeiertag in Washington verbringen durfte.

40.000 Iren hatten ihn in einer Petition gebeten, seine Reise abzusagen. Aber Kenny ist zu eitel, als dass er die letzte Gelegenheit verstreichen ließe, den erblondeten Präsidenten zu treffen. Er schenkte ihm, wie es Brauch ist, eine Kristallschüssel voller dreiblättriger Kleeblätter, das irische Nationalsymbol. Mit dieser Pflanze soll Patrick, der eigentlich Maewyn Succat hieß und aus Wales stammte, den Iren die Dreifaltigkeit erklärt haben. Bei Trump hätte ein einblättriges Kleeblatt genügt, um ihm die Einfältigkeit zu erklären.

Höhepunkt des Fremdschämens war die abschließende Pressekonferenz. Trump, der wie alle in Washington eine grüne Krawatte trug, hatte sämtliche irischen Medienvertreter, die mit Kenny angereist waren, ins kleine Oval Office eingeladen, wo sie sich um die Plätze balgen mussten. Beim Gedrängel bekam eine Journalistin eine Fernsehkamera an den Kopf und stürzte auf Trumps Schwiegersohn Jared Kushner.

Nach wenigen Minuten hatte Trump die Nase voll und wollte die Meute nach Hause schicken. Ein Reporter fragte ihn geschwind nach Irland. „Ich liebe Irland“, antwortete er. Und plane er einen Besuch? „Ich komme.“ Schließlich besitzt er ja auch eine Fünf-Sterne-Golfanlage an der irischen Westküste. Dann wollte ein Journalist noch wissen, was Trump dazu sage, dass Kenny ihn vor ein paar Monaten als „rassistisch und gefährlich“ bezeichnet habe. Das war zu viel. Die Journalisten wurden hinausgeworfen, während Kenny hektisch Trumps Ellbogen streichelte.

Die Iren in der Heimat bemühten sich unterdessen, das Kleeblatt im Alkohol zu ertränken, wie es die Tradition verlangt. Nur wenige wissen noch, dass der Tag nach dem St. Patrick’sDay der Sheelah’sDay ist. Sheelah war Patricks Frau. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurde ihr Tag mit ebenso viel Alkohol gefeiert wie der Todestag ihres Gatten – mit dem Segen der katholischen Kirche, die den Iren trotz Fastenzeit eine Sondergenehmigung für das mehrtägige Gelage erteilte. Im Laufe der Zeit ging in Irland der Sheelah’sDay verloren.

So ähnlich war es auch am Freitag. Kaum war Kenny weg, da kam der nächste Besuch, diesmal aus Deutschland. Während Trump den irischen Speichellecker als „neuen Freund“ bezeichnet hatte, verweigerte er Angela Merkel den Handschlag. Das interessierte in den USA und in Irland an diesem Tag aber nun wirklich niemanden mehr.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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