: Pop hält dem Druck stand– Chapeau!
Kommentar
von Stefan Alberti
Grüner Streit um Trennung von Amt und Mandat
Keine Postenhäufung! Kein Absahnen! Keine Mehrfachbelastung! Im Streit um eine Trennung von Amt und Mandat kommen die Argumente so schnell wie die Schlussfolgerung: Wer Minister ist, soll nicht Abgeordneter sein. Das Thema ist alt, aber weil die Grünen selten regierten, gab es bei ihnen bislang wenig Diskussionsbedarf. Ramona Pop als einzige Parlamentarierin unter den grünen Senatoren ist nun in der dummen Lage, einen Trennungsbeschluss ausbaden zu müssen.
Dass sie trotz großen Drucks aus der Partei nun auch in einem Krisengespräch mit den Chefs des Landesverbands und ihres Kreisverbands Mitte nicht nachgab und an ihrem Mandat festhält, ist ihr hoch anzurechnen. Denn wie steht es doch im Grundgesetz: Die Parteien wirken bei der Willensbildung des Volkes mit. Nicht sie, sondern letztlich die Wähler bestimmen, wer einen Wahlkreis gewinnt und auf diese Weise ins Parlament kommt. Sonst wäre etwa das Bundestagsdasein eines Ströbele beendet gewesen, als ihn der Grünen-Landesverband 2002 nicht mehr ins Parlament schicken wollte.
Mandat lässt sich von mandare ableiten. Anvertrauen oder schicken bedeutet das – und die Wähler im Wahlkreis 1 in Mitte haben genau Pop und keine andere mit einer deutlichen Mehrheit ins Abgeordnetenhaus geschickt. Gäbe sie ihr Mandat nun ab oder würde ihr die Verfassung das wie in Hamburg sogar vorschreiben – mit welchem Recht wollte Pop oder jeder andere mögliche Minister jemals wieder glaubhaft um ein Parlamentsmandat kämpfen?
Ganz vorn in der Trennungs-Argumentation steht die Angst, das Parlament könne seiner Aufgabe, die Regierung zu überwachen, weniger gut nachkommen, wenn die Abgeordnete Pop die Senatorin Pop überwacht. Als ob die SPD-Fraktion sich deshalb kritischer zu Regierungschef Klaus Wowereit verhalten hätte, weil der bei der Wahl 2011 seinen Parlamentssitz verlor! Die Regierung abzukontern ist im Kern Aufgabe der Opposition – und die leidet nicht darunter, wenn ein Regierungsmitglied im Parlament sitzt.
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