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Klima-Wahlkampf hat begonnenSchluss mit dem Ehrgeiz

Kanzleramtschef Peter Altmaier sichert der Wirtschaft zu: keine nationalen Alleingänge mehr. Wie das gehen soll, ist unklar.

Narren und Eisbären. Vorgeschmack auf den Wahlkampf Foto: dpa

BERLIN taz | Der Bundestagswahlkampf ist auch in der Klimapolitik eröffnet – und mit ihm die nächste Debatte dar­über, ob Deutschland Vorreiter sein soll. Den Aufschlag dazu machte am Freitagabend Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU). Er sei überzeugt, dass „der Weg nationaler Ziele falsch ist“, sagte der ehemalige Umweltminister vor dem CDU-Wirtschaftsrat, wie Welt und Deutschlandradio berichteten.

In Zukunft solle Deutschland im Rahmen „ambitionierter EU-Ziele“ seine Klimapolitik machen, stellte er auf Twitter klar. Auf Anfrage der taz erklärte Altmaier, seine Forderung sei „nichts Neues, aber wir müssen Klimaschutz im europäischen Geleitzug machen“. Er stehe jedoch zu allen deutschen Klimazielen, die bislang beschlossen wurden, betonte der Kanzleramtschef.

Diese Ziele sind klar formuliert: Bis 2020 sollen die Treibhausemissionen um 40 Prozent sinken, bis 2050 um 80 bis 95 Prozent. Der „Klimaschutzplan 2050“, den die Bundesregierung Ende 2016 nach langem Streit beschlossen hat, nennt auch ein Ziel für 2030: mindestens 55 Prozent minus. Diese Ziele sind deutlich ambitionierter als die EU-Vorgaben: ebenfalls 80 bis 95 Prozent für 2050, aber für 2030 nur minus 40 Prozent.

Experten sind sich einig, dass die EU ihr Ziel für 2050 mit den bisherigen Maßnahmen kaum erreichen wird. Ein höheres Tempo in der EU ist aber unwahrscheinlich, weil Länder wie Polen gerade in der Klimapolitik bremsen und Vorreiter Großbritannien nach dem Brexit ausscheidet. Es ist unklar, wie Altmaier die deutschen Ziele halten will und gleichzeitig nationale Ziele ablehnt, die ambitionierter sind als die EU-Vorgaben.

Für Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) zeigt die Ablehnung von nationalen Klimazielen „Ahnungs- oder Verantwortungslosigkeit. In der EU gab es immer schon unterschiedliche Klimaziele.“ Grund dafür seien unterschiedliche Pro-Kopf-CO2-Emissionen und Wirtschaftskraft der Länder. „Daraus leiten sich die Ziele im deutschen Klimaschutzplan ab, denen Peter Altmaier noch im November letzten Jahres zugestimmt hat“, so Flasbarth zur taz.

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6 Kommentare

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  • Herr Altmaier hat offensichtlich erkannt, dass die Umsetzungsmaßnahmen nationaler Klimaziele sehr unbequem werden und die Kosten ausufern dürften. Die Mehrzahl der Wähler wird schlichtweg nicht bereit sein, diese Einschnitte zu akzeptieren, während unsere Nachbarn weiter billigen, dreckigen und riskanten Strom produzieren. Bereits die Energiewende gilt im Ausland als Lachnummer. Die Vorreiterrolle ist insoweit längst hinfällig. Wenn niemand folgt bringen Alleingänge nix.

  • Was Altmaier wirklich sagen will ist, dass die deutsche Regierung die Klimapolitik weiter bremsen wird. Die Emmissionswerte bei den Autos wurden unter massiven deutschen Druck hochgesetzt und ja es gibt klimapolitische Alleingänge Deutschlands - die EU-Normen werden nicht durchgesetzt und Deutschland stehen deswegen Strafverfahren der EU ins Haus.

    Es ist typisches Politikersprech: Wenn die AfD sagt, dass Deutschland nicht alle Flüchtlinge aufnehmen kann, meinen sie damit in Wirklichkeit, dass sie keine Flüchtlinge aufnehmen wollen. Wenn Altmaier sagt, keine nationalen Alleingänge im Klimaschutz meint er damit noch stärker auf EU-Ebene zu bremsen und nationale Alleingänge als Klimasünder.

    • @Velofisch:

      Aber unsere Arbeitsplätze :-)

      Von VW hört man nun gar nichts in Richtung, ja wir vertiefen unsere Entwicklung, wir können praktische, emissionsarme Autos bauen. Nein, da hört man nur, die neuen SUVs sind toll, in diesem Segemnet werden wir wieder Gewinne einfahren.

  • Die Briten liegen übrigens deswegen so gut, weil sie voll auf Decarbonisierung mittels Kernkraft setzen.

    Hinkley C ist ja nur eins, Die Standorte für sechs weitere Doppelkraftwerke in England sind bereits festgelegt. Es sind: Sizewell, Bradwell, Oldbury, Wylfa und Moorside.

    • @Frank Erlangen:

      Gibt es denn da inzwischen Realisierungszeiträume? Es heisst ja immer, die Atomkraft hätte keine Renaissance. Wir könnten unsere CO2-Emissionen ganz leicht senken. Stromverbrauch halbieren = wesentlich weniger CO2, keinen Müll produzieren = kein CO2 in Müllverbrennungsanlagen. Bäume pflanzen.

  • Natürlich kann das nicht alleine funktionieren! Und außerdem: nicht mehr fliegen, Mobilität einschränken, Konsum reduzieren, Humus aufbauen. Es ist ganz klar!