: Auftakt zu einer großen Trilogie
bundesliga Mit dem 4:2-Sieg über Schalke macht sich Mönchengladbach nicht nur zum Favoriten bei den anstehenden Europa-League-Duellen. Dieter Heckings Team hat sogar die Chance, noch Größeres zu erreichen
Aus Mönchengladbach Daniel Theweleit
Das ist eine schmerzhafte Erkenntnis zu diesem Zeitpunkt der Saison, der ja eigentlich großes Potenzial für eine Wende zum Guten birgt. Die Mannschaft von Trainer Markus Weinzierl hätte mit einem Sieg zur lange Zeit noch heftiger kriselnden Borussia aufschließen können, sie hätte sich Selbstvertrauen für die beiden ausstehenden Episoden der großen Gladbach-Schalke-Trilogie erarbeiten können, „das war ein Big-Point-Spiel“, sagte Schalkes Sportdirektor Christian Heidel nach der 2:4-Niederlage. Doch am Ende wurde sein FC Schalke von einem entfesselten Gegner „an die Wand gespielt“, wie Tony Jantschke die zweite Halbzeit treffend zusammen fasste.
Es sind die Gladbacher, die beeindruckend vorführen, wie sich eine schwere Zeit der Erfolglosigkeit beenden und ins Gegenteil verwandeln lässt. Die Borussia ist tatsächlich die beste Rückrundenmannschaft, hat gute Chancen, im Pokalhalbfinale gegen Eintracht Frankfurt das Endspiel zu erreichen, und natürlich sind sie nun der klare Favorit für die beiden Europa-League-Duelle gegen die matten Schalker an den kommenden beiden Donnerstagen.
„Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass wir so schnell den Turnaround schaffen“, sagte Sportdirektor Max Eberl am Samstag, denn noch vor wenigen Wochen wirkte diese Mannschaft müde und überfordert. Selbst der FC Schalke schien die günstigeren Perspektiven zu haben. Doch in Gelsenkirchen führen auch komplette Trainingswochen und nachlassende Verletzungsprobleme nicht zu einer Stabilisierung der Leistung, während für die Borussia plötzlich alles möglich ist: Eine Europapokalqualifikation über die Bundesliga würde niemanden mehr überraschen, und selbst Titel in den Pokalwettbewerben wirken plötzlich realistisch. Über einen Gewinn der Europa League lässt sich sogar eine erneute Champions-League-Teilnahme realisieren, und die Stabilität, die die Gladbacher unter Neutrainer Dieter Hecking entwickelt haben, ist faszinierend. Weil sie so einfach erscheint.
Statt wie der im Dezember entlassene Vorgänger André Schubert für jeden Gegner akribisch die passenden Spieler auszuwählen und ausgeklügelte Matchpläne zu entwickeln, lässt Hecking immer die gleiche Mannschaft im gleichen System antreten. In der Defensive formiert das Team sich in einem glasklaren 4-4-2-System, wie eine Perlenkette reihen sich die beiden Viererketten vor dem eigenen Strafraum auf. Und neun von elf Fußballern stehen praktisch immer in der Startelf, wenn sie gesund und nicht gesperrt sind, lediglich auf den offensiven Flügeln nimmt der Trainer Veränderungen vor. „Irgendwann wird der Tag kommen, wo wir rotieren müssen“, sagte Dieter Hecking zwar, aber zum nächsten Gladbach-Schalke-Spiel am Donnerstag im Achtelfinale der Europa League sind zunächst einmal keine Umbaumaßnahmen zu erwarten.
Das Gladbacher Erfolgsgeheimnis liegt demnach in einer verblüffenden Vereinfachung des Spiels, das in den Jahren des großen Fußballintellektuellen Pep Guardiola beim FC Bayern immer komplexer, immer undurchschaubarer zu werden schien. „Gladbach wollte nur auf Konter spielen, und wir haben sie dummerweise dazu eingeladen“, lautete die ebenso schlichte wie treffende Spielanalyse von Benedikt Höwedes.
Wobei die Gladbacher Spielzüge über den großartigen Mahmoud Dahoud, die immer besser werdenden Patrick Herrmann und Rafael, den Anführer Lars Stindl und den Doppeltorschützen Fabian Johnson schon Momente höchster Fußballkunst enthielten.
Einen kleinen Vorteil bringen allerdings auch die Schalker von dieser ernüchternden Dienstreise an den Niederrhein mit nach Hause. „Die können ihre Lehren aus diesem Spiel ziehen“, erklärte Hecking mit Blick auf Donnerstag.
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