: Im Torrausch
STAUN! Was Manchester City und der AS Monaco im Achtelfinale der Champions League aufführten, kam der perfekten Fußballshow schon ziemlich nahe. Aber auch andere internationale Matches in diesem Jahrhundert waren groß. Elf Beispiele vom schönen Spiel

2017: Manchester City – AS Monaco 5:3, Achtelfinale der Champions League
Nun ja: ein großes Spiel, ein wahrhaft großes Spiel, in dem sich Monaco als Team der Stunde präsentierte, mit tollen jungen Talenten wie Stürmer Mbappé und dem Altmeister Falcao. Der Ansatz: nahezu perfektes Forechecking mit flinken Kontern. Sie waren besser als ManCity, aber Peps Truppe mit dem Ex-Schalker Sané bog ein 2:3 um – recht glücklich. Wäre wirklich schade, wenn Monaco ausscheiden würde.
2016: Dortmund – Legia Warschau 8:4, Gruppenphase der Champions League
20 Jahre polnische Abstinenz von der europäischen Königsklasse waren vorüber, als Legia Warschau ausgerechnet gegen die Deutschen aus Dortmund ranmusste. Bum-bum-Borussia gewann das Hinspiel mit 4:0. Im Rückspiel sorgten Kagawa und Reus für einen historischen Torrekord und den Sieg des BVB. Legia schoss das erste Tor des Abends und überraschte mit offensiver Spielweise. BVB-Trainer Tuchel, verblüfft von vier Gegentoren, sprach von einem „surrealen Ergebnis.“
2016: Bilbao – Genk 5:3, Gruppenphase der Europa League
Kein Witz: Aritz Aduriz hat in diesem Spiel alle, wirklich alle Tore für die Basken geschossen. 4:3 stand es kurz vor Schluss, Genk schien noch einmal heranzukommen, da machte in der 94. Minute Aduriz seinen dritten Elfer rein. „Er ist im Strafraum ein wahrer Killer“, schrieb Mundo Deportivo, und somit jemand, dem man auf dem Rasen lieber nicht begegnet.
2014: Brasilien – Deutschland 7:1, Halbfinale der WM
Ein brasilianisches Team, das mit breiter Brust und großem Tamtam vor dem Anpfiff in Belo Horizonte aufs Feld marschierte, Selbstbewusstsein zur Schau stellte und dem nach einer halben Stunde das Mitleid aus aller Welt zuteil wurde. 5:0 stand es nach 29 Minuten. Nahezu jeder deutsche Angriff ein Treffer. Ein schrecklich schönes Spiel.
2012: Deutschland – Schweden 4:4, WM-Qualifikation
In der 56. Minute schießt Mesut Özil in Berlin das 4:0. Das Spiel der Deutschen war eine Augenweide. Ein paar Tage zuvor hatten sie 6:1 gegen Irland gewonnen. Das Team hatte sich in einen wahren Rausch gespielt. Es war ein Vollrausch. Die Schweden merkten, dass die Deutschen nicht mehr geradeaus laufen konnten. Es fiel das 1:4, das 2:4, das 3:4, das 4:4. Toni Kroos fand das Ganze einfach nur „peinlich“.
2012: USA – Kanada 4:3 n. V., Olympia-Halbfinale
Dreimal lagen die Kanadierinnen in diesem vielleicht besten Frauenfußballspiel aller Zeiten vorn. Kanadas Sinclair überzeugte mit einem Hattrick. Die US-Amerikanerinnen wurden vom Nachbarn an den Rand einer Niederlage gedrängt. Aber sie mogelten sich heraus aus der prekären Lage, bekamen ein Eigentor geschenkt vom Gegner und von der Schiedsrichterin einen unberechtigten Handelfmeter. In der 122. Minute fiel der Siegtreffer für die USA, den späteren Olympiasieger.
2010: Uruguay – Ghana 1:1 n. V., 4:2 i. E., WM-Viertelfinale
Es war die vielleicht dramatischste 120. Minute eines großen Spiels. Es steht 1:1. Dominic Adiyiah köpft Richtung Tor. Die Ghanaer jubeln schon. Dann die Parade. Uruguays Stürmer Luis Suárez, genau der, wehrt den Ball, der schon über die Torline lugte, mit den Händen ab. Rot. Elfmeter. Asamoah Gyan verschießt. Im Elfmeterschießen gewinnt dann Uruguay, Luis Suárez ist seither ein Held in seinem Land. Und eine afrikanische Mannschaft hat es immer noch nicht bis ins Halbfinale einer WM geschafft.
2010: Angola – Mali 4:4, Eröffnungsspiel des Afrika-Cups
Spektakulärer wurde wohl noch nie ein Kontinentalturnier begonnen. Dabei deutete lange alles auf Langeweile hin. In der 74. Minute erhöhte Gastgeber Angola seine Führung per Strafstoß auf ein fast schon demütigendes 4:0. Doch Mali startete mit vier späten Treffern (79., 88., 90.+3 und 90.+4) die Gegenoffensive. Eine der größten Kapitulationen in der Geschichte des internationalen Fußballs, schrieb The Telegraph. Angolas Coach Manuel José wollte die Geschichte nicht zu hoch hängen: „Wir waren ein wenig naiv.“
2005: Lyon – Bremen 7:2, Achtelfinale der Champions League
Später sagte der damalige Werder-Manager Klaus Allofs einen merkwürdigen Satz über dieses Spiel: „Die dunkelhäutigen Spieler bei Lyon hatten in Bewegungsablauf, Technik und Athletik Vorteile.“ Wiltord schoss drei Tore, Essien zwei, Malouda steuerte einen Treffer bei. Bremen, immerhin mit Klose, Ismaël und Micoud angetreten, ging total unter. So schlimm hatten sich die Bremer in vierzig Jahren auf europäischer Bühne noch nie blamiert.
2005: FC Liverpool – AC Mailand 3:3 n. V. , 3:2 i. E., Finale der Champions League
Milan war der Favorit und spielte auch so. 3:0 stand es zur Pause für die Italiener. Dann kam die 54. Minute. Steven Gerrard traf zum 1:3. Sechs Minuten später stand es 3:3. Liverpool war obenauf und später im Elfmeterschießen einfach nicht zu schlagen. Wie die Wende kam? Schwer zu sagen. Fest steht, dass ein gewisser Dietmar Hamann nach der Pause eingewechselt wurde. Er verwandelte auch den ersten Elfer für Liverpool im Shoot-out.
2001: Liverpool – Alaves 5:4 n. V., Finale im Uefa Cup
Liverpools Finalgegner, „der bis vor Kurzem nicht einmal Ballermann-6-Veteranen ein Begriff war“, wie diese Zeitung damals schrieb, machte es den Reds verdammt schwer. Ein Spiel voller Dramatik, Tragik und Pathos. In der Verlängerung gab es erst zwei Abseitstore, gerecht verteilt, und zwei Platzverweise, beide für die Basken, dann den neunten Treffer. Dieses „Golden Goal“, das erste, welches ein Europapokalfinale entschied, war ein Eigentor. ARUE, JOK, MV, OW
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen