: Eine Chance auf mehr Vernunft
Fußball Um bis zu 25 Millionen Euro will Autobauer VW sein Sponsoring beim VfL Wolfsburg kürzen. Das zumindest ist aus dem Aufsichtsrat durchgesickert. Dem Verein eröffnet das neue Möglichkeiten
Das Thema wird wahlweise verdrängt oder verniedlicht: Seitdem der Volkswagen-Konzern seine Abgasaffäre zu verarbeiten hat, wird bei VW tüchtig gespart und vieles neu sortiert. Das befeuert die Befürchtung, dass das Sponsoring für den VfL Wolfsburg drastisch gekürzt werden könnte. Zuletzt berichteten Medien darüber, dass aus dem Aufsichtsrat der VfL Wolfsburg Fußball GmbH konkrete Zahlen und Vorgaben durchgesickert seien. Demnach soll der Vereinsetat um bis zu 25 Millionen Euro reduziert werden.
Zudem sollten in einen neuen Spieler künftig maximal 15 Millionen Euro Ablösesumme und ein Bruttogehalt von höchstens vier Millionen Euro investiert werden dürfen, hieß es. Der Konzern und der Verein selbst äußern sich dazu nicht. „Wir sind derzeit komplett auf den Klassenerhalt fokussiert, alles andere ist aktuell kein Thema bei uns“, sagt Wolfgang Hotze.
Er ist Geschäftsführer der VfL Wolfsburg Fußball GmbH, die VW für große Taten in der Fußball-Bundesliga bezahlt. Angeblich fließen bisher pro Saison bis zu 100 Millionen Euro vom Konzern zum Verein. Doch was wäre, wenn dieser Betrag zeitnah um ein Viertel gekürzt werden würde? Wäre das wirklich so schlimm?
Die aktuelle Mannschaft des VfL Wolfsburg, die eigentlich um einen Platz in der Champions League mitspielen sollte, schwebt in Abstiegsgefahr. Trainer Valérien Ismaël kämpft um seinen Job. Sportdirektor Olaf Rebbe bemüht sich, einen Strategiewechsel einzuleiten, der zur Budgetkürzung passt und trotzdem noch genügend Chancen auf Erfolg lässt.
Die nun durchgesickerten Kürzungspläne klingen drastisch – sind aber vernünftig. Denn die Beweisführung, dass man im bezahlten Fußball mit viel Geld auch viel Erfolg hat, ist in Wolfsburg misslungen.
Über den VfL Wolfsburg wird gerne gelästert und geschimpft, weil es VW über Jahre so gut mit ihm gemeint hat. Alle Neider seien aber auch daran erinnert: Der Verein erzielt sei Jahren auch stattliche Transfererlöse und macht aus seinen erstklassigen Möglichkeiten Gutes: Er ist 2009 Deutscher Meister und 2015 Pokalsieger geworden, was so manchem Verein mit deutlich mehr Tradition in dieser Häufung nicht gelingt.
Nicht weniger wichtig dürfte sein: Neben der Verpflichtung teurer Profis aus aller Welt gelingt es dem VfL auch, guten Nachwuchs auszubilden. Mit Robin Knoche, Maximilian Arnold und Paul Seguin stammen drei Stammspieler der aktuellen Bundesligaelf aus dem eigenen Nachwuchsleistungszentrum.
Auch das Publikum in Wolfsburg lechzt nicht nur nach großen Erfolgen, sondern nach Identifikation und Leidenschaft. Deshalb könnte weniger Geld am Ende auch eine Chance auf mehr sein. Der Verein müsste sparsamer haushalten, vernünftiger handeln und würde weniger Angriffsflächen bieten. Vielleicht könnte es am Ende sogar richtig gut tun, sich von den ganz großen Zielen zu verabschieden, die scheinbar zwangsläufig mit der Weltmarke VW verbunden sind. Das muss gar keine strategische Niederlage sein. oto
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