Hamburger leisten Entwicklungshilfe

FLÜCHTLINGE Der Senat will selbst drei Unterkünfte betreiben – und guckt sich ab, wie man das macht

Der Senat will nicht länger abhängig von Ausschreibungen und privaten Betreibern sein und baut darum ein landeseigenes Unternehmen zum Flüchtlingsheimbetreiber um. „Für mich ist dabei zentral, dass wir eigenständig und schneller auf Notlagen reagieren können“, sagte Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linkspartei) am Dienstag nach der Senatssitzung. Das nötige Know-how und der erste Chef sollen aus Hamburg kommen: Dort ist es nicht die Ausnahme, sondern die Regel, dass das Land selbst die Flüchtlingsunterkünfte betreibt.

Hintergrund ist, dass das Land Berlin im Herbst ziemlich hilflos dastand, als zwar die lang erwarteten neuen Unterkünfte fertig waren, aber Betreiber fehlten. Eine komplizierte Ausschreibung, die in ganz Europa erfolgen muss, war schiefgelaufen und muss wiederholt werden. Das Ergebnis erwartet Breitenbach erst für Herbst, vielleicht auch erst zum Jahresende. Laut Vergaberecht wäre das alles abzuwarten, die Flüchtlinge könnten erst dann in die neuen Unterkünfte umziehen können, müssten bis dahin in den Notunterkünften bleiben.

Über den Hilfsweg des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes deklarierten Sozialsenatorin Breitenbach und Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) das Ganze zur Notlage und konnten so vorübergehend auch ohne Ausschreibung einen Betreiber einsetzen. So konnten die Umzüge doch schon in den vergangenen Wochen beginnen. Viel einfacher wäre es nach Darstellung der beiden gewesen, wenn schon ein landeseigener Betrieb hätte einspringen können.

Es soll nicht darum gehen, den bisherigen Betreibern – kirchlichen, anderen karitativen oder privaten – Konkurrenz zu machen: „Wir können die damit nicht unter Druck setzen, und wir wollen das auch gar nicht“, sagte Breitenbach. Nur drei von derzeit über hundert Unterkünften mit lediglich 600 bis 700 Flüchtlingen soll der landeseigene Betrieb leiten. Aber das soll ausreichen, Notlagen abfedern zu können. „Troubleshooting“ nannte das Kollatz-Ahnen.

Insgesamt leben in Berlin nach Senatsangaben derzeit rund 45.000 Menschen in Flüchtlingsunterkünften, rund ein Drittel davon in Notunterkünften wie Turnhallen oder den Hangars des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Die am früheren Flugfeld geplanten neuen Containerunterkünfte, vorwiegend Wohnungen, sollen laut Kollatz-Ahnen im Juli fertig sein. Stefan Alberti