Finale des Afrika-Cups: Kämpfen wie die Teufel

Am Sonntag treffen mit Ägypten und Kamerun zwei Außenseiter aufeinander. Ein 44-jähriger Torwart und viele Zweitligaspieler sind dabei.

Ein Mann, Ägyptens Torwart, jubelt

Held im Halbfinale: Ägyptens 44-jähriger Keeper feiert den Einzug ins Finale Foto: reuters

LIBREVILLE taz | Am Sonntag wird das Finale des 31. Afrika-Cups zwischen Kamerun und Ägypten angepfiffen. Gabuns Hauptstadt Libreville wird dann wieder zur geteilten Stadt: Hier das halb leere, stimmungsarme Stadion, 20 Kilometer außerhalb des Zentrums. Dort, im Herzen der Millionenstadt, euphorische Fußballstimmung bei Tausenden Mitfiebernden vor kleinen flimmernden TV-Geräten. Libreville ist bevölkert mit rund 500.000 Zuwanderern aus den Nachbarländern DR Kongo, Togo, Senegal und Kamerun, die mitten im alten Stadtzentrum wohnen.

Hier, im Gewirr zwischen Blechhütten, Marktständen und riesigen Abfallbergen, feiern sie das größte Fußballereignis des Kontinents wie zu allen Zeiten. Weit außerhalb des Zentrums, wo chinesische Baufirmen 2012 das ­riesige neue Stadion errichteten, ist nichts los. Der Weg ist zu weit, die Eintrittspreise sind zu hoch, es gibt keine Atmosphäre.

Möglicherweise ein Planungsfehler der Veranstalter, die jene Arena errichten ließen, als Gabun vor fünf Jahren den Afrika-Cup schon einmal in Zusammenarbeit mit Äquatorialguinea ausrichtete. Vielleicht ist ihnen ein leer bleibendes Stadion aber auch egal, weil das Geld auch beim Afrika-Cup mittlerweile mit den stetig wachsenden Millionenbeträgen für TV-Übertragung und Marketing gemacht wird.

Als Planungsfehler ließe sich auch die Paarung im Finale bezeichnen, denn sowohl Kamerun als auch Ägypten hatte vor dem Turnier wohl kaum jemand auf dem Favoritenzettel. Während die Ägypter nach dem Arabischem Frühling 2011 und anschließender Fußballkrise zuletzt drei Auflagen des Turniers verpassten und jetzt erstmals wieder dabei sind, bestreitet Kamerun den Cup mit einer Nachwuchsmannschaft.

Kameruns Michael Ngadeu hat es einst beim SV Sandhausen nicht einmal in den Kader geschafft

„Wenn jemand vor dem Turnier prophezeit hätte, dass wir das Endspiel erreichen, hätte er wohl nur ein lautes Lachen der Experten geerntet“, sagt Kame­runs Trainer Hugo Broos genüsslich. Der 64-Jährige, der das Amt in Kamerun 2015 von dem erfolglosen Deutschen Volker Finke übernommen hatte, musste notgedrungen eine Art B-Mannschaft nominieren, weil gleich acht prominente Europalegionäre für den Cup abgesagt hatten.

Unter ihnen Schalkes Torjäger Eric-Maxim Choupo-Moting und Liverpools Abwehr-Ass Joel Matip. Sie wollten ihre hohen Ziele mit dem Verein nicht gefährden – so hieß es offiziell. Der Boykott soll dann aber doch eher daran gelegen haben, dass in der Vergangenheit keine Prämien gezahlt wurden.

Zwei Elfmeter pariert

So lässt Broos ein Team mit jungen Leuten aus Europas zweitklassigen Ligen kicken, die den Favoriten beim Cup allerdings ein Schnippchen geschlagen haben. Zunächst schalteten sie Gastgeber Gabun aus, dann setzten sie sich im Viertelfinale gegen das mit Starspielern besetzte Senegal im Elfmeter­schießen durch, ehe im Halb­finale Favorit Ghana mit 2:0 dran glauben musste. Torschütze zum 1:0 war Michael Ngadeu, der es einst beim deutschen Zweitligisten SV Sandhausen nicht in den Kader geschafft hatte und sein Geld heute in Tschechien verdient. „Die Stärke der Mannschaft speist sich aus ihrem Zusammenhalt. Die Jungs spielen absolut diszipliniert und kämpfen wie die Teufel“, erklärt Broos.

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Im Finale wartet Ägypten mit seinem 44 Jahre alten Torwart. Essam El-Hadary war schon 1998 dabei, als die „Pharaonen“ einen ihrer bisher sieben Titel gewannen. Er holte den Cup auch 2006, 2008 und 2010, ehe in Ägypten andere Dinge wichtiger wurden als Fußball. Mit einer völlig neuen Generation von Fußballern sind sie nun zurück. Und mit El-Hadary, der seine Heimat nur 2007/08 mal verließ, um ein Jahr für den FC Sion zu spielen. „Es ist verrückt, mein Mitspieler Ramadan Sobhi ist so alt wie meine Tochter“, wundert sich El-Hadary, der im Halbfinale gegen Burkina Faso zwei Elfmeter parierte und sein Team somit ins Endspiel hievte.

Während sich El-Hadary und seine jungen Kollegen über den Moment freuten, kamen weniger gute Meldungen aus der Heimat. In Kairo wurden am späten Mittwochabend im Stadtteil Zamalek rund 80 Anhänger des größten Klubs al-Ahly verhaftet. Sie wollten der 74 Todesopfer gedenken, die es im Februar 2012 bei einer Massenpanik im Stadion von Port Said gegeben hatte. Die Fangemeinschaft Ultras Ahlawy wurde im Mai 2015 vom ägyptischen Innenministerium zur terroristischen Vereinigung erklärt. Als die Fußballfans am Mittwoch verhaftet wurden, machte sich Essam El-Hadary in Libreville gerade daran, Elfmeter zu parieren.

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