LESERINNENBRIEFE
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die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin | briefe@taz.de | www.taz.de/zeitungDie Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor. Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Schaumige, stinkende Urinlachen

betr.: „Obdachlosenhilfe: Anwohner und ein SPD-Mann fühlen sich gestört“, taz vom 17. 1. 17

Da ich seit 1978 im Hansaviertel wohne, kann ich zu dieser negativen Veränderung am Hansaplatz mehr sagen als Herr T. Kurt von den Grünen, dem offenbar nicht bekannt ist, dass diese „Eigentumswohnungen“ landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften gehörten, die der Senat seinerzeit verscherbelt hat. Wer sein Heim nicht aufgeben wollte, musste sich das Geld vom Munde absparen, um seine Wohnung nicht zu verlieren. Wo waren da eigentlich die Grünen, um den Ausverkauf der Sozialwohnungen zu kritisieren? Mit den Zuständen am Hansaplatz fühlen sich aber nicht nur die „Wohnungseigentümer“, sondern auch die Mieterinnen nicht wohl, die auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sind. Wer möchte schon von betrunkenen Männern empfangen und angepöbelt werden, wenn er abends mit der U-Bahn nach Hause kommt und am Hansaplatz aussteigen muss. Offenbar beklagt doch wohl auch der Obsthändler am Hansaplatz, dass Kunden wegbleiben, weil sie sich diese unangenehmen Zustände nicht antun wollen.

Gegenüber ist eine Kirche mit einem Platz, auf dem jeden Freitag Markt abgehalten wird. Warum wird das Essen nicht auf diesem Platz oder besser noch im Gemeindesaal der Kirchengemeinde ausgegeben? Oder wie wäre es in der Turmstraße auf dem Platz vor dem Rathaus? Dafür könnte sich doch Herr T. Kurt als Mitglied der BVV persönlich einsetzen. Nein, Herr Kurt beschränkt sich darauf, Herrn Isenberg von der SPD und die Anwohner des Hansaviertels zu kritisieren. Welchen Beitrag leisten denn die Grünen, um den Obdachlosen zu helfen? Die Grünen sind immer dann besonders tolerant und großzügig, wenn es sie nicht persönlich betrifft. Ich könnte noch viel mehr schreiben – über schaumige, stinkende Urinlachen zum Beispiel.

Herr Isenberg hat dort sein Bürgerbüro und kann sich deshalb aus eigener Anschauung ein Urteil erlauben.

Wie so oft in der taz wurden mal wieder die Ansichten von den Grünen in den Vordergrund gestellt. Bei einer ausgewogenen Berichterstattung in einer Tageszeitung hätten auch die Anwohner, der Obsthändler und Herr Isenberg zu Wort kommen müssen. Der Hansaplatz gehört übrigens nicht zu Moabit. Wenn man nicht mal das weiß, sollte man sich mit Kritik an den Anwohnern dort vornehm zurückhalten. Renate Rychlik, Berlin

Gentrifizierung am Stadtrand

betr.: „Der Club in der Mitte der Gesellschaft“, taz vom 27. 1. 17

Ich verfolge schon längere Zeit eine beunruhigende Entwicklung der Mietstruktur in Berlin. Mich hat darin auch besonders das Schicksal der Mieter in der Calvinstraße 21 interessiert. So gehöre ich mittlerweile auch in gewisser Weise zum erlesenen Kreis unerwünschter Mieter. Nun denn, ich würde mich über ein Interview zum Thema Gentrifizierung gern bereiterklären.

Einen kleinen Auszug zu meiner Situation kann ich Ihnen derweil bereits schon geben. So wohne ich in einem Mietshaus mit ehemals vier Wohneinheiten. Das Haus wurde 1985 in Lichtenrade, dem südlichsten Stadtteilbezirk von Berlin, gebaut. Zum 1. Oktober 2015 erhielten wir einen neuen Hauseigentümer. Dieser hat bereits im April 2013 ein anderes Mietshaus, mit sechs Wohneinheiten, auch in Lichtenrade, gekauft. Von seinerzeit sechs Mietparteien aus diesem Haus ist dort keine einzige Mietpartei mehr vorhanden. Dieses Haus wird nun einzig noch vom Eigentümer bewohnt. Aus den sechs Mietwohnungen wurde eine Wohnung, oder besser gesagt ein Stadtschloss mit starken Sicherungsmaßnahmen (Mauern drumherum, und überall auf dem Grundstück und am Haus sind Kameras vorhanden).

In meinem Haus nun, mit den ehemals vier Mietparteien, wohnen zurzeit nun auch nur noch zwei Mieter. Einem Mieter davon, und zwar mir, wurde bereits im Februar 2016 zum Ende Februar 2017 wegen Eigenbedarfs gekündigt. Gentrifizierung droht, und das am Stadtrand von Berlin. Michael Schumacher,Berlin

Wahlkandidat meiner Träume

betr.: „Der alternative Stadtrat der AfD“, taz vom 27. 1. 17

der herr bernward eberenz ist dem kurzen bericht nach der wahlkanditat meiner träume. leider vertritt er die afd. ich bin in einem dilemma. aber warum ist er persönlich und politisch eine unscharfe figur? ein schwuler atomkraftgegner aus dem lager der geisteswissenschaften, der mit seinem türkischen ehemann merkels grenzöffnung für flüchtlinge befürwortet. donnerwetter. den muss ich ja wählen! heißt persönliche und politische schärfe sonst nicht immer populismus? fährt herr eberenz auch noch mit dem fahrrad zur arbeit? da wird einem ja ganz schwindelig. Boris Krumm, Hopfgarten