: Mehr zugewanderte als deutsche Tatverdächtige
Kriminalität Polizeistatistik zeigt höhere Zahlen. Sie ist allerdings wegen Ungenauigkeit umstritten
Flüchtlinge und Zuwanderer werden als Verdächtige in der neuen Kriminalstatistik der Berliner Polizei häufiger erfasst als Deutsche. Das gilt auch, wenn ausländerrechtliche Delikte wie illegale Einreise oder unerlaubter Aufenthalt herausgerechnet werden und berücksichtigt wird, dass unter den Zuwanderern besonders viele junge Männer sind. Denn diese Gruppe – egal welcher Herkunft – hat generell eine erhöhte Kriminalitätsrate. Die Aussagekraft von Kriminalitätsstatistiken der Polizei ist allerdings umstritten, denn sie erfasst nur Verdächtige, keine verurteilten Täter.
Die Daten der bislang nicht veröffentlichten Kriminalitätsstatistik 2016 gehen aus einer Antwort des Senats auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Marcel Luthe hervor. Demnach registrierte die Polizei im Jahr 2016 in Berlin 135.886 Verdächtige, davon 54.150 mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Dazu zählten auch 9.614 Asylbewerber, Kriegsflüchtlinge oder Menschen mit Duldungsstatus.
Rechnerisch wurden damit rund 13 Prozent dieser Zuwanderergruppe als Verdächtige erfasst. Straftaten, die nur Ausländer begehen können, sind in den Zahlen nicht enthalten.
Bei in Berlin gemeldeten deutschen Staatsangehörigen istt der Vergleichswert 2,9 Prozent. Nimmt man als Vergleichsgröße zur Gruppe der Zuwanderer nur die jungen Männer unter 21 innerhalb der deutschen Bevölkerung in Berlin, kommt man auf 5,9 Prozent Verdächtige.
Angesichts der Zahlen bezeichnete der FDP-Innenpolitiker Luthe die Position des Bundesinnenministeriums, Zuwanderer seien nicht krimineller als Deutsche, als „verkürzt“. Die These, es gebe in der Gruppe keine größere Auffälligkeit bei Straftaten, sei für Berlin nicht haltbar. „Richtig ist, dass es in der Gruppe ‚Zuwanderer‘ erheblich mehr Tatverdächtige gibt als bei den deutschen Staatsbürgern, und zwar unabhängig von Alter und Geschlecht.“
Luthe betonte aber auch: „Straftaten sind individuell zurechenbar und nicht einer Gruppe.“ Ursachenforschung und Prävention müssten aber diese Zahlen berücksichtigen, wenn die Politik angemessen reagieren wolle.
In der Debatte über die Verdächtigenstatistik werden verschiedene Punkte kritisiert: So werden als nichtdeutsche Verdächtige auch Touristen, Lkw-Fahrer, Wanderarbeiter oder reisende Diebe erfasst. Das lasse aber keine Rückschlüsse auf in Berlin gemeldete Ausländer zu, so Kritiker. (dpa)
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