Trump zählt – und droht den Medien

Berechnungen Der Präsident findet, er habe Freitag mehr Zuschauer gehabt. Die DemonstrantInnen fragt er: Warum habt ihr nicht gewählt?

WASHINGTON taz | Es hat nicht lange gebraucht, bis der neue Präsident sich die Medien seines Landes vorknöpfte – und ihnen drohte: Diesmal ging es um die Zahl der ZuschauerInnen, die zu seiner Amtseinführung vor das Capitol gekommen waren. Donald Trump warf den Journalisten am Samstag vor, sie hätten die Zahl der Zuschauer bei seiner Vereidigung am Vortag falsch angegeben. Sein ­Sprecher, Sean Spicer, drohte damit, die Medien dafür „zur Rechenschaft zu ziehen“, ohne konkret zu ­sagen, wie er dies tun wolle.

Die Fernsehsender und Zeitungen hatten Luftaufnahmen veröffentlicht, die zeigten, wie relativ leer es in der Mall und am Rand der Pennsylvania Avenue gewesen war – im Verhältnis zu der Amtseinführung von Obama im Januar 2009. Und die öffentlichen Verkehrsbetriebe bestätigten, dass nicht einmal 200.000 Menschen zu Trumps Amtseinführung und der Parade gekommen seien.

Bei einem Besuch des CIA am Samstag hatte der neue Präsident sich über „verlogene“ JournalistInnen beklagt und behauptet, er habe „über eine Million, vielleicht sogar eineinhalb Millionen“ ZuschauerInnen gehabt.

Zugleich versuchte er, sich mit dem Geheimdienst, den er in den zurückliegenden Wochen öffentlich kritisiert hatte, auszusöhnen. „Ich stehe 1.000 Prozent zu euch“, sagt er den CIA-Beschäftigten.

Er sprach weiter über „radikalen islamischen Terror“, den er „auslöschen“ wollte, und bekräftigte, wie schade er es fände, dass die USA nicht das Öl des Irak behalten hätten. Erneut ließ er durchblicken, dass unter seiner Präsidentschaft Folter wieder möglich werden könnte.

Auf die große Zahl von DemonstrantInnen, die am Samstag gegen ihn auf die Straße gegangen waren, reagierte er am Sonntag auf Twitter. Er habe sie verfolgt, schrieb er, allerdings habe es doch vor Kurzem eine Wahl gegeben. „Warum haben diese Leute nicht gewählt?“, fragte Trump. Etwa eine Stunde später schob er hinterher: „Friedlicher Protest ist ein Markenzeichen unserer Demokratie. Auch wenn ich nicht immer einverstanden bin, akzeptiere ich das Recht der Menschen, ihren Ansichten Ausdruck zu verleihen.“ (mit Agenturen)

Dorothea Hahn