piwik no script img

R2G legt nach

FinanzenDer rot-rot-grüne Senat bessert den Landeshaushalt nach – die noch gültige Version hatte Rot-Schwarz 2015 festgelegt

Der Finanzsenator hat kaum Grund für Sorgenfalten Foto: Paul Zinken/dpa

von Stefan Alberti

Rund 26,5 Milliarden Euro ist der Entwurf für einen Nachtragshaushalt schwer, den Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) am Dienstag vorgestellt hat und den das Abgeordnetenhaus Ende April beschließen könnte. Schwer ist in diesem Fall wörtlich zu nehmen: Diese Summe brächte in 100-Euro-Scheinen 270 Tonnen auf die Waage – was wiederum mehr ist als 40 ausgewachsene afrikanische Elefanten.

Für einen solchen Nachtragshaushalt, also ein Update der bisherigen, bereits 2015 von Rot-Schwarz festgelegten Finanzplanung für dieses Jahr, gäbe es viele Gründe: mehr Geld, weniger Zinsausgaben, neue Schwerpunkte, höhere Investitionen. Doch Kollatz-Ahnen legte Wert darauf, dass es vor allem darum geht, die neue rot-rot-grüne Regierung mit ihrem etwas anderen Zuschnitt in einem Haushaltsplan abzubilden.

Konkret gibt es gegenüber dem bisherigen Finanzplan 310 Millionen Euro mehr an Steuereinnahmen. Zugleich sind die Ausgaben wegen gesunkener Zinsen um 348 Millionen Euro niedriger. Wodurch zusammen fast 700 Millionen Euro mehr zur Verfügung stehen als bisher.

Schulen, Kitas, Radwege, Wohnungsbau, Sozialticket

Mit dem Geld lässt sich tatsächlich viel von dem bezahlen, was sich Rot-Rot-Grün vorgenommen hat: Schulen bauen und sanieren, den Wohnungsbau beschleunigen, Kitas und Radwege ausbauen. Der größte Anteil der neuen Investitionen entfällt auf die Schulen mit 100 Millionen Euro.

Vergleichsweise klein ist der Betrag, der im Nachtragshaushalt für ein günstigeres Sozialticket ab Juli für die 180.000 Hartz-IV- und Sozialhilfeempfänger in Berlin vorgesehen ist, nämlich 7,5 Millionen – umgerechnet aufs Elefantengewicht ist das noch nicht mal ein Rüssel. Und doch gab es darum am Dienstag in der Senatssitzung die meisten Diskussionen.

Denn im Kern war es in den Koalitionsverhandlungen im Herbst 2016 darum gegangen, das Sozialticket so weit zu bezuschussen, dass es für Hartz-IV-Bezieher nicht länger teurer ist als der in ihrem Regelsatz dafür vorgesehene Betrag. Das waren im vergangenen Jahr rund 27 Euro, während für das Sozialticket bei der BVG 36 Euro fällig sind.

Weiter am Tropf

Rot-Rot-Grün rühmt sich wie zuvor schon Rot-Schwarz eines ausgeglichenen Haushalts, der ohne Kredite auskommt. Das ist auch nicht falsch, deckt aber zwei Dinge etwas zu: zum einen die weiter rund 59 Milliarden Euro alter Schulden, die allein deshalb derzeit weniger akut sind, weil für sie – vom Senat kaum zu verantworten – weniger Zinsen denn je fällig sind. Zum anderen, dass auf der Einnahmeseite des Haushalts unter den über 26 Milliarden rund drei stehen, die aus dem Länderfinanzausgleich stammen – jenem Topf, der laut Grundgesetz die unterschiedliche Finanzkraft der 16 Bundesländer ausgleichen soll. (sta)

Zum Jahresende wurde allerdings der Hartz-IV-Satz neu berechnet – und für das Thema Mobilität gibt es dort nun 34 Euro. Vor allem Grüne und Linke setzten jedoch beim Finanzsenator durch, dass das Sozialticket dennoch auf 27,50 gesenkt wird, um mehr für Bedürftige tun zu können. Sie verweisen auch darauf, dass laut einer Unterbestimmung in den vielseitigen Hartz-IV-Festlegungen vom neuen 34-Euro-Satz auf Bus und Bahn nur knapp 27 entfallen.

„Mit diesem Schritt verringert die Koalition deutlich die finanziellen Hürden beim Zugang zum ÖPNV“, äußerten sich Sozialpolitiker aller drei Koalitionsfraktionen in einer gemeinsamen Erklärung, „wir sehen darin eine wichtigen Beitrag im Kampf gegen die soziale Spaltung der Stadt.“

Die CDU als größte Oppositionsfraktion bewertete das Haushalts-Update weit weniger positiv. „Im Ergebnis verfrühstücken SPD, Linke und Grüne den wirtschaftlichen Erfolg der letzten Jahre“, sagte ihr parlamentarischer Geschäftsführer Heiko Melzer.

Die zentralen Punkte – Schulen und Wohnungsbau – sind zwar auch aus seiner Sicht richtig, aber nicht neu und auch schon von seiner Fraktion vorangetrieben – und Sicherheit und Polizei würden unter den genannten Schwerpunkten „keinerlei Rolle spielen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen